Liebe Leser!
Die ersten Tage auf einer neuen Baustelle, die grau und kalt ist, hinter mich gelassen, kehrte ich nach Hause und wollte mich im Kreise der Lieben, das Töchterchen war auch zu Besuch, seelisch aufwärmen und die Knochen schonen, da rief die Verwandtschaft und forderte meine Dienste.
Aus dieser Richtung ist schon lange keine Miederhose mehr gekommen, aber ich habe immer noch meinen Sprachfehler und konnte nicht „nein“ sagen.
Aus den an eine WG vermieteten Räume, war eine junge Dame ausgezogen, die ihre Studienzeit beendet hatte und nun wurde bei dem dringenden Renovierungsbedarf auch eine elektrische Neuinstallation gefordert. Kurz um, die Bude war gerade mal leer und ich als Blutsverwandter mal wieder zu etwas nutze. Und brav war ich im Begriff mir den Samstag zu versauen.
Gezielt waren Dosenlöcher gebohrt und die Schlitze für die Kabel mit der Mauerfräse gefertigt – der Bohr- und Frässtaub sollte dort bleiben, somit begab ich mich an die Mülltonnen.
Als ich die aktuell zu befüllende öffnete, erkannte ich sofort, dass die Studentin ihre unnützen Habseligkeiten unsortiert darin entsorgt hatte. In Plastiktragetaschen waren sperrige Küchengefäße zu erkennen und ich dachte mit: „Die willst du mal herausnehmen und mit dem Bohrstaub verfüllen“. Ich nahm also den obersten Beutel heraus und schon schoss es mir zwischen das Gebein, denn ein beige farbener Büstenhalter schaute mich genau so erstaunt an.
Ich weiß nicht warum er dahin geraten war, so unbeschädigt, sicher mochte sie ihn nicht mehr, die auszuhängenden Träger fehlen ihm allerdings.
Sofort kippte ich auch die übrigen Tüten aus und inspizierte die anderen Mülltonnen – es blieb ein Einzelfund!
Nun gut, ein damenloser Büstenhalter, weggeworfen in eine graue Tonne, da gehört er nach Müllfibel ja wohl auch hin. So etwas wird in Deutschland täglich hunderttausendmal passieren, ohne das jemand davon erfährt und Notiz nimmt.
Dieser Büstenhalter jedoch, hat einen Bezug und das macht ihn nun zum Fetisch.
Die junge Dame die ihn trug, sie ist mir bekannt und auch sie weiß über mich bescheid.
Das Hexlein, mit ihr auch sehr vertraut, fragte sie einmal, da sie immer unter chronischem Geldmangel litt, ob sie für mich nicht als bezahltes Miedermodel posen möchte.
Die Studentin war vom Prinzip her nicht abgeneigt, da sie das Hexlein allerdings gut kannte, war es ihr peinlich und sie lehnte ab. Ich fragte persönlich noch mal erklärend nach, bekam jedoch auch eine Abfuhr.
Ein lächerliches Stück Stoff für sie und dennoch, wenn sie ihm überdrüssig war, warum fragte sie, mit ihrem Wissen um mich nicht, ob ich es haben will, oder gab es anonym dem Hexlein?
Und dieser Umstand bescherte mir nun, an einem an sich versauten Samstag den Triumph. Ich konnte ihn genau so anonym erretten, diesen unwerten Büstenhalter, wie sie ihn anonym in der Tonne begraben wollte.
Und wenn mein Auge nicht das eines Fetischisten wäre, (leider hatte ich das digitale im Moment des Findens nicht dabei) so hätte man später dieses unspektakuläre Bild vor Augen gehabt; eine ganz normale Restmülltonne, mit Sachen die nicht hinein gehören.
Mein Mistelzweig sollte Weihwasser über den BH sprühen – aber dies überlasse ich dem Oberguru! Denn auch wenn der Lumpen nicht recht in sein Beuteschema passen mag, so ist er mit seiner Geschichte doch einer Heiligung wert. Erniedrigt, durch die Besudelung, vielleicht auch ein beachtetes Opfer der Rauchkate…
LG, Karl