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Der Kellerfund
#1
Hallo zusammen,

beim Aufräumen eines Kellers tritt so Manches zu Tage und vieles gehört eigentlich aussortiert.
Geschichten könnte man dazu sicher viele schreiben.
Hier ist eine, die mich besonders reizen würde.

Viel Spaß beim Lesen!
Grüße, IvyMike.




Sandras Handy klingelte schon wieder. Diesmal war es ihre Mutter.
Leicht genervt stöhnte Sandra "Was will die jetzt wieder."
Sie hatte schon länger kein gutes Verhältnis mehr zu ihrer Mutter.
Seit sie vor gut zehn Jahren bei ihren Eltern auszog hatte sie ihren Weg gemacht.
Sie war eben nicht mehr die kleine "Sandy" und sie war es langsam leid, von ihrer Mutter betütelt zu werden wie ein junges Mädchen.

"Hallo Mama." sprach sie kühl ins Mikrofon.
-- "Hallo liebes Sandylein," flötete es aus dem Hörer, "hast Du einen kleinen Augenblick? Mami muss Dich um einen kleinen Gefallen bitten."
Sandra verdrehte die Augen und sagte bemüht höflich: "Natürlich, was gibt's denn?"
-- "Danke Liebes!" und nachdem sie Luft geholt hatte: "Jaa, wo fang' ich denn am besten an? Äh, wir bekommen im Keller neue Absperrungen von unseren Parzellen. Du weißt ja, die alten Holzverschläge waren ja schon damals ziemlich marode. Jochen hat ja jetzt den Betrieb und das Haus übernommen, da hat er gesagt, da macht er solche Sachen auch gleich neu."
"Jochen hat die Schreinerei übernommen?" fragte Sandra interessiert dazwischen.
-- "Ja Schätzchen, er tritt sicher in große Fußstapfen, aber er konnte ja schon immer tüchtig anpacken. Ääh, wo war ich stehengeblieben? Ach ja, der Keller. Nächsten Samstag will Jochen den alten Verschlag rausreißen. Bis dahin müssen wir ein wenig aufgeräumt haben im Keller. Aus Deinem Kinderzimmer hat es noch ein paar Sachen. Da wollte ich Dich fragen, was ich davon aufheben soll. Oder vielleicht möchtest Du was für Deine Kinder aufheben, wenn Du dann welche hast?"
Den Seitenhieb ignoriert Sandra geflissentlich: "Was hat's denn von mir noch da?"
-- "Oh, noch einiges Sandylein, Deine Puppenstube, Dein Schaukelpferd und noch ein bisschen Krimskrams, Du weißt schon."

"Ok, dann komm' ich am Samstag auf'n Sprung vorbei."
-- "Das freut mich, Sandylein!"


Sandra war nervöser als sie sich es eingestehen wollte.
Nicht, weil sie ihre Mutter nach mehreren Wochen mal wieder sehen würde.
Auch nicht, weil sie besonders gespannt auf ihre alten Spielsachen wäre.
Nein, sie war neugierig, was aus Jochen geworden ist.
Er war rund fünf Jahre älter als sie. Ein netter Kerl.
Doch als sie bei ihren Eltern auszog, brach der Kontakt ab.
Dass Jochen nun selbstständig als Schreiner arbeitete und dem Mietshaus, in dem ihre Eltern wohnten, neuen Pepp verleihen wollte, beeindruckte Sandra.
Was, wenn er noch solo wäre... Doch diesen Gedanken verwarf Sandra eilig wieder.

Als Sandra und ihre Mutter gemeinsam in den Keller gingen, herrschte dort schon reges Treiben.
Die meisten Bewohner hatten schon ihre Parzellen auf- oder sogar ausgeräumt und waren daran, die alten Verschläge abzubauen.
-- "Das Holz sollen wir gleich rüber in die Werkstatt bringen, Schätzchen. Jochen kann es da kleinsägen und verfeuern. In der Schreinerei wird ja schließlich schon immer mit Holz geheizt."
Sandras Mutter setzte ein honigsüßes Lächeln auf: "Wenn Du was von Deinen Spielsachen nicht mehr magst, freut sich Jochen bestimmt auch darüber. Er hat gesagt, er nimmt alles, was brennt. Hi hi hi." schloß sie mit einem künstlichen Lachen.

Sandra wusste nicht, was ihr mehr mißfiel: Das dämliche Lachen ihrer Mutter oder die Tatsache, dass ihre alten Sachen in dem großen gußeisernen Ofen in der Schreinerei enden sollten.
Als Kind hatte sie beinahe etwas Angst vor diesem rauchschwarzen Ungetüm in der Ecke der Werkstatt, das damals schon alles "fraß", was auch nur den Anschein machte, nicht mehr gebraucht zu werden.
Doch sie blieb tapfer. Schließlich hatte sie nicht das leiseste Interesse daran, mit einem Kofferraum voller Gerümpel wieder nach Hause zu fahren.

Die Parzelle ihrer Eltern war bereits ordentlich aufgeräumt.
Alle Regale und Schränkchen waren vom Verschlag weg, in die Raummitte geschoben.

Direkt neben der Tür standen die angekündigten Spielzeuge: Das Schaukelpferd, die leergeräumte Puppenstube und ein Karton, voll mit dem Inhalt der Puppenstube und weiteren kleinen Spielsachen.
-- "Hier schau, Sandylein. Damit hast Du immer so gerne geschaukelt! Zu Deinem dritten Geburtstag hast es damals von Herbert bekommen. Ach, war das putzig anzuschauen." schwelgte Sandras Mutter in ihren Erinnerungen.
-- "Und hier, Deine Puppenstube. Da warst Du noch eine ganz wilde kleine Maus, hast die Möbelchen und Püppchen ganz schön malträtiert. Hi hi hi." lachte sie schon wieder so ekelhaft süß.
Es war Sandra peinlich. Viele Nachbarn, die in Hör- und Sehweite waren, kannte sie noch von früher.
Vor ihnen als kleines Mädchen behandelt zu werden, wurmte sie.

Sandra brauchte nicht lange zu überlegen.
Geringschätzig sagte sie zur Puppenstube: "Ja. Die ist kein Schmuckstück mehr. Die kann weg."
Sie ging in die Hocke und inspizierte das Schaukelpferd. Ein robustes Stück, bei dem Jochens Vater sich offenbar reichlich Mühe gegeben hatte.
Wirklich Verwendung hätte sie zwar für's erste nicht, aber als Dekoration beziehungsweise als Kleiderablage für ihr Schlafzimmer würde es allemal taugen.
"Das Schaukelpferd würd' ich mitnehmen." lautete Sandras Urteil.

Während Sandra sich das Schaukelpferd näher angesehen hatte, hatte ihre Mutter in das Regal neben ihnen gegriffen.
-- "Schau mal, was da beim Umräumen noch hinter dem Schrank aufgetaucht ist, Liebes."
[Bild: ME1TZQD_t.jpg]
Zu Sandras großem Erstaunen waren es ihre damals innig geliebten Nike Cortez, die sie an einem bitteren Tag hatte hergeben müssen.
Ihr Vater hatte sich so sehr über den Zustand ihrer Schuhe aufgeregt, dass sie sie wieder ausziehen und stattdessen andere anziehen musste, bevor sie in die Schule ging. Unter größtem Protest, versteht sich.
Sie konnte sich noch bestens an diesen fiesen Moment erinnern, als sie auf dem Boden saß und ihre Sneakers wieder auszog.
[Bild: ME25GWR_t.jpg]
Als sie wutentbrannt, und die ein oder andere Träne in den Augen, schließlich die Wohnung verließ, hörte sie ihren Vater noch sagen: "Deine schlampigen Schläppchen steck' ich jetzt in den Ofen, bloß dass Du's weißt!"
Die Stimmung war in den darauffolgenden Tagen mehr als frostig und Sandra wagte es nicht, ihren Vater auf die Schuhe anzusprechen.
So hatte sie zwar heimlich alle Schränke, Ecken und Winkel abgesucht, doch ihre Cortez waren unauffindbar.

Ihre Mutter konnte ihr damals nur berichten, wie ihr Vater die Schuhe tatsächlich aus der Wohnung getragen hatte.
Nach all seinen verächtlichen Kommentaren war es für Sandra damit ausgemachte Sache, dass er sie noch an jenem Morgen gnadenlos in den gierigen Schlund des Werkstattofens geworfen hatte.

Die säuselnde Stimme ihrer Mutter weckte Sandra aus ihren Gedanken.
-- "Das waren Deine ersten selbstgekauften Turnschühchen, Sandylein, weißt Du noch? Was hast Du die geliebt, hi, hi, hi." lachte sie schrill.
Sandra warf ihrer Mutter einen mahnenden Blick zu, doch es wurde noch peinlicher:
-- "Das war herzig mit anzuschauen. Erst hat mein junges Fräulein die dicken Schnürbänder reingemacht. Am Anfang so weit, dass Du ständig rausgeschlüpft bist, hi, hi, hi."
Die nebenstehenden Nachbarn lauschten den Ausführungen und amüsierten sich heimlich, weshalb Sandra mürrisch raunte: "Mama."
-- "Und irgendwann hast Du sie mit weißer Schuhcreme ganz weiß angestrichen. Meine kleine feine Dame mit ganz weißen Schühchen. Aber Du warst immer noch so ein Rabauke, dass Du fast jeden Abend nachstreichen musstest, hi, hi, hi." lachte sie erneut zuckersüß.
Sandras Blick hätte kaum zorniger ausfallen können, da setzte ihre Mutter -- die ganz in ihren Erinnerungen schwelgte -- noch einen drauf.
-- "Dein Papi hat die Schuhe ja gar nicht gemocht. Der hat mir oft gesagt, ich soll sie wegschmeißen und Dir neue kaufen. Sein süßes Mädchen will er nicht in so schlampigen Turnschuhen rumlaufen sehen."

Sandras Blick sprach Bände. Sie wollte diese Situation so schnell wie möglich hinter sich bringen.
"Den Rest kenn' ich." sagte sie genervt.
Mit einer raschen Bewegung nahm sie ihrer Mutter die Schuhe ab.
Ein Hauch Wehmut erfüllte Sandra, aber andererseits -- was sollte sie schon mit fast zwanzig Jahre alten Schuhen.
Sie warf die Cortez in den Karton mit den Sachen aus der Puppenstube.
"Lass' es gut sein."
Ihre Mutter war ein klein Wenig betroffen, etwas Falsches gesagt zu haben, setzte aber gleich wieder ihr süßes Lächeln auf.

-- "In Ordnung Sandylein, dann kommen sie eben weg."
Wie zur Bestätigung, und sicher auch um abzulenken, langte Sandras Mutter erneut ins Regal und packte noch ein abgetragenes Paar Birkenstock obendrauf.
-- "Meine alten Latschen mach' ich auf jeden Fall auch mit dazu."

-- "Hilfst Du mir bitte, die Sachen noch zu Jochen, in die Schreinerei zu tragen?"
Wie könnte Sandra da "nein" sagen, deshalb war sie ja im Grunde hergekommen.
"Klar, kann ich gerne machen, Mama."
Rücksichtsvoll nahm Sandra die schwerere Puppenstube und überließ ihrer Mutter den leichten Karton mit dem Kleinzeug und den Schuhen.
Gemeinsam gingen sie die Kellertreppe hinauf und quer über den Hof.
Das Tor der Werkstatt statt weit offen, ein Nachbar kam gerade wieder heraus, nachdem er sein Altholz -- oder was auch immer er hergetragen hatte -- in den Lagerraum gebracht hatte.

Geradezu bedächtig schritt Sandra über die Schwelle, ihre Mutter ging voraus und strebte direkt zum Lagerraum.
Dort lagen bereits unzählige Bretter und Latten der Kellerverschläge am Boden; teils ordentlich gestapelt, teils lieblos hingeworfen.
Ein paar Überreste von Schränken und Regalen gesellten sich dazu.
In einer Gitterbox sammelten sich Kleinteile, alte Zeitschriften und offensichtlich all diejenigen Abfälle, die unter die Rubrik "brennbar" fielen.

Etwas enttäuscht, Jochen hier doch nicht anzutreffen, stellte Sandra die Puppenstube zu den aufgestapelten Brettern.
Ihre Mutter zögerte. Sie hatte Hemmungen, den Karton einfach so in die Gitterbox zu werfen oder gar auszuleeren.
Zumal sie zwar Jochens Zusage hatte, auch Schuhe mit dazuzugeben, aber irgendwie war ihr unwohl, alles unbesehen hier abzukippen.
"Hallo zusammen!" ertönte hinter ihnen eine sonore Stimme.
Beide wandten sich erfreut zum Herrn des Hauses um.
"Hallo Sandra." sagte Jochen nochmal, mit besonders freundlichem Unterton.
"Hi." hauchte Sandra mit schwacher Stimme.

"Was habt Ihr denn mitgebracht?" fragte Jochen als Gesprächsöffner.
"Nur meine alte Puppenstube." antwortete Sandra verlegen.

Mit ihrer süßesten Stimme sagte Sandras Mutter:
-- "Bei mir musst Du vielleicht draufschauen, Jochen, ob das wirklich in Ordnung für Dich ist."
In vorauseilender Beschwichtigung schob sie nach: "Vermutlich sollte ich das besser in die Mülltonne werfen."
Jochen sagte ruhig: "Lassen Sie mal schauen, Frau Steiner, so viel scheint's ja nicht zu sein."

Sandras Mutter hielt die Karton hin, damit Jochen den Inhalt gut sehen konnte.
Dieser griff ungeniert hinein und zog die zuoberst liegenden Birkenstock heraus.
Bevor Sandras Mutter etwas sagen konnte, kommentierte Jochen:
"Das bisschen Kork und Leder -- geschenkt." und warf die Latschen mit einem Schlenker des Handgelenks in die Gitterbox.
Nun wurden seine Augen größer. Er hob Sandras Schuhe aus dem Karton.
So lässig er gerade die Birkenstock ihrer Mutter als Brennmaterial akzeptierte, so interessiert schaute er nun Sandras Cortez an.
"Was haben wir denn da Hübsches?"
Jochens Anerkennde Bemerkung über Sandras Schuhe ging in der schrillen Stimme ihrer Mutter unter:
-- "Hi, hi, hi, jaa, Sandyleins Turnschühchen sind wieder aufgetaucht. Die hat sie ja sooo gern getragen, stimmt's Schatzilein?"
Sandra war sofort wieder auf 180 und funkelte ihre Mutter nur an.
-- "Ah ha ha ha, da hatten wir eben schon einen kleinen Disput." lachte sie und merkte süffisant an: "Das ist meinem Mäuschen ein bisschen peinlich, obwohl's das doch gar nicht sein braucht."
Sandra verdrehte ihre Augen und murrte tonlos: "MAMA".
Um Sandras Unmut ein Ende zu machen, bat die Ermahnte Jochen:
-- "Jetzt hätte sie ihre alten Schühchen gern so schnell wie möglich aus der Welt geschafft. Das kannst Du sicher im Handumdrehen machen?"
Überrascht von dieser Nachdrücklichkeit schaute Jochen zuerst nochmal die Schuhe in seiner Hand an, dann Sandra:
"Fast schade drum, würd' ich sagen, aber ich schlag' Dir doch keinen Wunsch ab, Sandra.", drehte sich um und warf die Schuhe in die Ecke, wo der gußeiserne Ofen stand.
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#2
Geile Story bis hierhin, ich bin auf den Teil mit dem Feuer gespannt Grinning-face
Ein Feuer in Ehren kann niemand verwehren.
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Mein YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/@therealschuhlover
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#3
Danke  Smiling

Ja, für‘s Feuerchen hab‘ ich schon ein paar Ideen.
Material gibt’s ja genug und für alle Protagonisten ist es in irgendeiner Weise reizvoll.
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#4
Weiter geht's  Winking-face


Es war kein schönes Gefühl, die Schuhe so in den Dreck fliegen zu sehen, aber dafür blieben ihr hoffentlich weitere Peinlichkeiten erspart.
"Danke, Jochen." sagte Sandra, irgendwie erleichtert.
Jochen zwinkerte ihr nur zu und fragte ihre Mutter: "Ist das Kleinzeug da dann alles?"
-- "Ja, nur die Püppchen und Möbelchen aus der Puppenstube. Die hat mein Sandylein so zugerichtet, die mag sie gar nicht mehr haben, hi hi hi."
Sandras Unmut war regelrecht zu spüren. Jochen nahm deshalb ihrer Mutter taktvoll den Wind aus den Segeln - und den Karton aus den Händen. Er ließ den Karton aus niedriger Höhe in die Gitterbox fallen und sagte ruhig: "Ich kümmer' mich drum, Frau Steiner."
In die darauffolgende, nur für sie unangenehme Stille, sagte Sandras Mutter betont fröhlich: "Prima, dann können wir zwei ja jetzt noch hoch gehen und einen Kaffee trinken."
"Ich lad' erst noch das Schaukelpferd ins Auto und komm' dann nach, Mama."
Zu Jochen gewandt, fügte Sandra mit leichtem Zittern in der Stimme hinzu: "Vielleicht bis nachher? Wenn Du nicht zu viel um die Ohren hast?"
"Gerne. Jederzeit." antwortete Jochen mit einem Lächeln.

Er blickte den beiden noch nach, bis sie außer Sichtweite waren.
In Gedanken an alte Tage wandte er sich wieder seiner Arbeit zu.
Was wollte er eigentlich machen? Das Wiedersehen mit Sandra hatte ihn aufgewühlt.
Aus der "kleinen Sandy" ist eine hübsche, im positivsten Sinn gereifte Sandra geworden.
Unwillkürlich blickte er in Richtung Ofen, wo er vorhin erst ihre Schuhe hingeworfen hatte: Da lagen sie. "Sandys" Turnschuhe, mit denen er sie damals so oft über den Hof und auch hier in der Werkstatt herumflitzen sah. Die Teile schienen an ihr festgewachsen zu sein.
Jochen erinnerte sich mit gewisser Seligkeit an diese Tage. Diese Unbeschwertheit ihrer Jugend...
Er ging zu den Schuhen und hob sie auf.
Dieser Moment der Nostalgie hatte seinen Reiz auf ihn.
Er hielt einen Teil einer längst vergangenen Zeit in seinen Händen. Einer schönen Zeit. Einer schönen Zeit mit Sandra.

Jochen drehte sich um und ging, die Schuhe in der Hand, zurück zur Gitterbox.
Kurzentschlossen holte er den Karton heraus, legte die Schuhe hinein und ging damit in sein Büro.

Jochen versicherte sich, dass die Tür geschlossen und er unbeobachtet war.
Den Karton stellte er vor sich auf den Schreibtisch und nahm Sandras Schuhe wieder heraus.
Er erinnerte sich noch gut an sie; ein Kribbeln umfing ihn, die Sneaker nun ganz aus der Nähe betrachten zu können.
Das Leder fühlte sich unglaublich weich an; Knicke und Gehfalten, wohin man nur schaute. "Weichgelatscht, ausgelatscht" schoss es durch seinen Kopf.
Die Unterseite zeigte ein noch schlechteres Bild: Die Sohle hatte fast kein Profil mehr und war an den Hacken bereits bis zur Mittelsohle durchgelaufen.
Der farbige Streifen der Mittelsohle war laienhaft mit weißer Farbe übertüncht, ebenso der Swoosh an der Seite der Schuhe, der türkisfarben durchschimmerte.
Im Schuhinneren hatten Sandras Füße ganze Arbeit geleistet: Das Fersenpolster war aufgerissen, ihre Fußabdrücke tief in die weiche Innensohle geprägt. Zahllose Fussel hatten sich in der Ritze zwischen Sohle und Futter gesammelt, so dass fast kein Übergang mehr zu erkennen war -- eine einzige, organisch geformte, nein: angeformte, Umhüllung von Sandras Füßen.
Jochen fühlte sich schon länger nicht mehr so erregt, was ihn beschämte -- es waren schließlich nur Schuhe. Nur Schuhe! Schuhe, die er "aus der Welt schaffen" sollte. So war es Sandras Wunsch.
Jochen atmete durch. Er hatte einen Auftrag. Und der Auftrag lautete, Sandras alte Turnschuhe zu vernichten. Und er würde den Auftrag selbstverständlich erledigen, so wie er alle Aufträge gewissenhaft erledigte. Das war für ihn als Selbstständiger schließlich oberste Prämisse!

Jochen stellte die Schuhe wieder auf den Schreibtisch. Das Kribbeln in seinem Bauch war noch da. Er würde es jetzt sofort erledigen. Aber wollte es nicht "einfach so" tun. Etwas Besonderes waren diese Schuhe eben schon.
Sein Blick fiel auf den Karton mit den Kleinteilen aus der Puppenkiste.

"Sandras Sachen" ging im durch den Kopf.
Er wusste nicht, was ihn da befiel, aber plötzlich überkam es ihn: Er packten einen Schuh und zog an der Zunge. Das Leder knarzte und verformte sich, während er die Öffnung immer weiter vergrößerte.
Dann nahm er eine Handvoll des Puppenspielzeugs und stopfte es in Sandras Turnschuh hinein; erst zaghaft, dann immer kräftiger, zum Schluß so grob, dass die Spielzeuge das Leder spannten und verformten.
Dem zweiten Schuh erging es gleich; fast gleich. Nur nahm Jochen auf diesen noch weniger Rücksicht und quetschte die Spielzeuge mit aller Gewalt hinein.
Deformiert und vollgestopft waren Sandras einst geliebte Nike Cortez nun dem Tod geweiht, bereit, verbrannt zu werden.
Jochen legte sie in den nun leeren Karton und ging damit zur Bürotür hinaus.




Da stehen die süßen Dinger
[Bild: ME1VH6Q_t.jpeg]

Bevor sie verbrannt werden, wird ihre Öffnung grob aufgerissen und Müll hineingestopft
[Bild: ME1VH6S_t.jpeg]

Immer mehr, bis nichts mehr hineinpasst.
[Bild: ME1VH6U_t.jpeg]

So werden sie enden. Alt, kaputt und vollgestopft mit Müll.
[Bild: ME1VH6X_t.jpeg]

Jetzt geht es zum Ofen mit ihnen, damit sie endlich verbrannt werden.
[Bild: ME1VH70_t.jpeg]
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#5
Ich finde zwar Cortez nicht so erregend (andere Nikes dafür umso mehr), aber so lebhaft wie Du das hier schilderst, bin ich beim Lesen dieser Jochen Grinning-face Ich kann sehr gut nachvollziehen was in ihm vorging. Schuhe, die man von einer Person kennt und an ihr sieht und plötzlich in Händen hält. Und dann dieses grobe Reinstopfen des Spielzeuges, ohne Rücksicht auf die Schuhe. Da regte sich bei mir auch einiges beim Lesen!!

Ich bin extrem gespannt wie die Story weitergeht! Ob die Beiden vielleicht eine Affäre anfangen, ob Sandra vielleicht daheim mehr Sachen entdeckt, die verbrennt werden können, nur um Jochen wiederzusehen...
Ein Feuer in Ehren kann niemand verwehren.
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#6
Hallo Schuhlover,

danke für den Input -- die Idee hab' ich gleich in die Geschichte mit eingeflochten. thumb-up
Und sorry, wenn's bei mir sehr oft Cortez sind -- das sind für mich einfach die geilen Sneaker schlechthin.  Smiling


Bevor Sandra zu ihren Eltern in die Wohnung ging, holte sie noch schnell das Schaukelpferd aus dem Keller, um es in ihr Auto zu laden. Auf dem Weg schossen ihr wild Gedanken durch den Kopf: Jochen, ihre Mutter, ihre Schuhe, das peinliche Geschwätz ihrer Mutter, und wieder Jochen, wie er sie aus dieser Situation gerettet hatte.

Sandra durchlebte diesen unangenehmen Moment noch einmal. Vor dem geistigen Auge sah sie es, wie durch eine Lupe vergrößert, wie Jochen mit seinen kräftigen Händen ihre alten Turnschuhe packte. Für ihn waren es nicht ihre über alles geliebten Nikes sondern wertloser Müll, den ihm ihre Mutter zum Verbrennen gebracht hatte. Sandra schluckte. Hätte ihre senile Mutter sie nicht die ganze Zeit wie ein kleines Mädchen behandelt, hätte sie ihre Schuhe vermutlich mitgenommen. So wurden sie nolens volens ein Opfer, das sie bringen musste, um nicht länger betütelt zu werden.

Aber hatte Jochen nicht gefragt: "Was haben wir denn da Hübsches?" War das ein Scherz? Hatte er nicht danach noch gesagt, "Fast schade drum..."? Wusste er noch, dass es ihre Schuhe waren? In Sandras Bauch kribbelte es.
Und wie bei einem Horrorfilm, bei dem trotzdem nicht wegschauen kann, weil man ein wohliges Gruseln fühlt, ging ihr der Anblick ihrer Schuhe in seiner Hand nicht aus dem Kopf. Dieser Moment, wo ihre Lieblinge in seiner Macht waren, chancenlos gegen den festen Griff seiner kräftigen Hände. Ihm ausgeliefert. Wieder kribbelte es bei ihr.
Sandra atmete nervös durch, ihr Puls war angestiegen. Ihm ausgeliefert sein, das wäre sie insgeheim auch gern.

Fahrig räumte Sandra das Schaukelpferd in den Kofferraum ihres Autos. Sie konnte sich nicht mehr richtig konzentrieren. Ihre Gedanken waren ganz bei Jochen. Sie wollte, nein: sie musste ihn jetzt nochmal sehen. Ohne ihre Mutter!
Sie wurde ganz unruhig. Es musste jetzt gleich sein, solange ihre Mutter in der Wohnung war und Jochen -- hoffentlich! -- weiterhin noch alleine in der Schreinerei.
Doch was sollte sie sagen? "Hallo Jochen, Du bist ein toller Typ, pack' mich, wie Du meine Schuhe gepackt hast?" Völliger Quatsch! Aber halt! Sandras Blick blieb an ihren Ballerinas hängen, die noch im Kofferraum lagen. Ein sehr häufig getragenes Pärchen, das seine Halbwertszeit schon lange überschritten hatte.
Sandra zögerte nicht: "Ich frag' ihn einfach, ob er die auch verbrennen kann." kam ihr der folgerichtige Gedanke. Sie atmete innerlich auf. Wenn's schief ging, wären einfach nur ihre Ballerinas weg -- ein geringes Opfer, gemessen an der Aussicht, mit Jochen anbandeln zu können.
Sie schnappte die leichten Schühchen, warf den Kofferraumdeckel zu und eilte schnellen Schrittes zur Werkstatt.
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#7
(11.07.2021, 14:26)IvyMike schrieb: Und sorry, wenn's bei mir sehr oft Cortez sind -- das sind für mich einfach die geilen Sneaker schlechthin.  Smiling
Dafür musst Du Dich ned entschuldigen, ich baue in meine Geschichten ja auch Schuhe ein, die MIR gefallen Winking-face 

Die Vorstellung, wie die hübsche Sandra, ihre vermutlich ebenso süßen Ballerinas opfert, nur um Jochen zu sehen, bereitet mir extreme Platzprobleme. Ich stelle mir weiße, durchgelatschte und dreckige Ballerinas vor, die einst die süßen Füße von Sandra zierten. Und jetzt opfert sie diese geilen Schuhe, nur um mit Jochen ins Gespräch zu kommen und so vielleicht den Grundstein für eine Beziehung zu legen. Und selbst wenn das nicht gelingt, die Ballerinas opfert sie so oder so. Scheiß auf die Schuhe. Meine Fresse, ich muss mir ganz schnell Erleichterung schaffen  face-flushing Face-with-tears-of-joy
Ein Feuer in Ehren kann niemand verwehren.
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#8
Na dann, machen wir mal weiter  Face-with-tongue


In der Werkstatt war niemand; auch keiner der Hausbewohner, der Altholz bringen würde. So war Jochen ungestört -- zumindest für den kurzen Moment, den es brauchen würde, Sandras Turnschuhe mit der angemessenen Aufmerksamkeit in den Tod zu schicken. Er wollte zumindest mit ansehen, wie die Hitze ihnen zusetzt, sie sich krümmen und ihre Form verlieren. Wie die dicken, weißen Schnürsenkel Feuer fangen und sich die Flammen ins Futter fressen. Sobald die Flammen rings um die kleinen Turnschuhe loderten, wäre er sich sicher, seinen Auftrag erfüllt zu haben, Sandras Schuhe aus der Welt zu schaffen.

Sein Mund fühlte sich merkwürdig trocken an, als Jochen näher zum Ofen ging. Er schluckte. Seine Gedanken schwankten zwischen der hübschen Sandra und ihren Schuhen, die hier im Karton ihre letzten Sekunden erlebten.
Am Ofen angekommen, pochte Jochens Herz merklich. Er kam sich beinahe vor wie ein Schuljunge, der drauf und dran war, etwas Verbotenes zu tun. Das Gute war: Was er tun wollte, war nicht verboten sondern gewünscht. Dennoch fühlte es sich eigentümlich an, von einer Frau, die er -- vorsichtig gesagt -- interessant fand, etwas geradezu Intimes - nämlich ihre geliebten Schuhe - zu verbrennen.

Jochen kniete sich vor den Ofen und blickte in den Karton. "Jetzt ist es aus mit Euch, Ihr Süßen. Sandra trägt Euch nie wieder, denn ich verbrenn' Euch jetzt!" dachte er laut und holte Sandras Nikes heraus. Sie waren so vollgestopft mit dem Puppenspielzeug, dass er sie nur mit zwei Fingern halten konnte.

Von einer Geilheit ergriffen, die er so noch nicht kannte, öffnete er mit der anderen Hand die Ofentür. Hitze wallte ihm entgegen. Die Reste der letzten Beschickung glimmten noch hellrot und einzelne Flämmchen züngelten zwischen rußschwarzen Holzstücken heraus.
Das Gesicht, heiß von Erregung und Feuerhitze, blickte Jochen prüfend in die Glut, wie er Sandras Schuhe platzieren könnte. Kurz zögerte er, doch dann warf er die Todeskandidaten gezielt in den hinteren Bereich des Brennrosts.

Mit leisem Poltern schlugen die Sneaker auf; der Rechte kippte um und kam auf der Seite zum liegen. Das Püppchen, das Jochen zuletzt in ihn hineingequetscht hatte, kullerte heraus und landete in der heißen Asche.
Gebannt sah Jochen zu, was mit Sandras alten Schuhen geschah: Wo noch kleine Flämmchen züngelten, färbte sich das weiße Leder allmählich schwarz. Weißer Qualm stieg nach und nach aus allen Öffnungen, Löchern und Ritzen der Schuhe. Die breiten Schnürsenkel verformten sich unter der Hitze und schienen regelrecht zu schmelzen. Plötzlich geschah es: an einer Stelle entzündeten sich die Dämpfe, die aus den Schuhen quollen. Die helle Flamme versengte zunächst einen Teil des Schnürsenkels und des Futters und fraß sich dann unaufhaltsam weiter in den Schuh hinein. Der Lack des Puppenspielzeugs fing nun ebenfalls Feuer und brannte knisternd mit stark rußender Flamme. Wenige Augenblicke später schlugen die Flammen aus beiden Schuhen, die sich zunehmend krümmten, einrollten und schwarz wurden.
Jochens Anspannung ließ etwas nach, trotzdem war er immer noch ziemlich erregt -- wohlig erregt. Es war kein "Spaß", wie er ihn kannte, aber irgendwie reizten ihn die letzten Minuten in ganz besonderer Weise. Die Verhältnisse unterhalb seiner Gürtellinie ordnete er mit einem geübten Griff in die Hose.


Er schloss mit zittriger Hand die Ofentür, stand auf und drehte sich um.
Der Schock ging ihm durch Mark und Bein: Wenige Meter vor ihm stand Sandra!
"Scheiße, Scheiße, Scheiße, das hat sie hoffentlich nicht mit angesehen." explodierten die Gedanken in seinem Kopf. Plötzlich kam er sich wieder vor wie der Schuljunge, der etwas Verbotenes getan hatte.
So überrumpelt fragte er nur mit vorsichtiger Stimme, in der sicher seine Erregung zu hören war: "Sandra?"
Doch die Angesprochene war kein bisschen weniger nervös. "Sorry, wenn ich mich so reingeschlichen habe." sagte sie verlegen. "Ich hab' gesehen, dass Du -- sie schluckte -- meine Cortez -- sie schluckte nochmal -- zum Ofen getragen hast."
Jochen wusste nicht, was er antworten sollte; war es für Sandra in Ordnung oder hing sie noch an ihren alten Schuhen? Wollte sie sie womöglich "retten" und er Tollpatsch hatte sie verbrannt?

"Bist Du die ganze Zeit da gestanden?" fragte Jochen ängstlich.
"Mhm." bejahte Sandra, selbst immer noch sehr aufgeregt. "War irgendwie schön, "Mäuschen" spielen zu dürfen, während Du -- sie schluckte wieder -- während Du meine Schuhe in Deinem Ofen verbrennst."
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#9
Ich hätte mir an Jochen's Stelle wohl gewünscht, sofort in ein tiefes Loch zu fallen um der peinlichen Situation zu entkommen. Die Frage ist, wie geil fand es Sandra. Es waren zwar einerseits Lieblingsschuhe, aber andererseits macht es sie vielleicht an und wirft ihre Ballerinas selber ins Feuer.

Ich bin seeehr gespannt wie's weitergeht!
Ein Feuer in Ehren kann niemand verwehren.
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#10
Auf jeden Fall eine sehr geile Geschichte und bin sehr gespannt was mit den ballerinas passieren wird :-)
Sie hat ja auch sicher noch ein paar Schuhe an - wer weiß ob sie den Abend überleben????? ?
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