Fr Aug 24, 2012, 20:32 , von Karl „Meine Reiseberichte“
Liebe Gemeinde!
Nachdem der erste Urlaubstag beim UDS einen erfolgreichen Ausgang gehabt hatte, versprach der neue Tag ein neues Glück.
Und zuvor mir der BH liebende Alligator ins Auge gestoßen war, galt mein erster Besuch im ‚Elbflorenz‘ der Miedermanufaktur „EVANA“ auf der Plattleite.
Das Schaufenster war nur halb so aufregend dekoriert und wer die Adresse nicht kennt und gleichgültig durch die Gegend stapft, dem wird wohl diese Nobelschmiede nicht auffallen. Als Nobelschmiede muss ich den Laden betiteln, da die Preise schon gehoben sind und ein Verdiener im unteren Segment, wie ich, sich solchen Zauber einfach nicht mehr leisten könnte, wenn er nicht doch einen „Vogel“ hat. „EVANA“ war ein kurzer Moment der Freude, mit viel Geld erkauft und doch wert darüber zu berichten.
Hexlein und ich betraten den Laden. Hinter einem offenen Vorhang werkelte eine mir bis dato unbekannte Dame. Sie kam hervor und fragte sofort nach unserem Begehr. Ich sagte ihr ich müsse mich erst mal umsehen und fragte ob sie denn noch diese Strumpfhaltergürtel im Angebot hätten. Links im Regal lagen zahlreiche Häufchen von weißen und farbigen Büstenhaltern, sie aber schob im unteren Board eine Tür auf und zog einen weißen schmalen Strumpfgürtel hervor, den sie mir vorhielt. Da ich die Preise und meine Möglichkeiten kannte, fragte ich sofort, ob sie denn auch noch diese breiteren, 12 – 15cm breiten Strumpfgürtel hätte. Sie griff tiefer und entnahm zwei Gürtel mit einer farbigen Spitzenpatte, welche sie ungeschickt entfaltete und auf dem Tresen auslegte. Ich fragte, ob es die einzigen farbigen Gürtel wären und sie bejahte dies, nur Weiß und Haut wären noch da, die würden in dieser Art auch wenig verlangt. Und dann kam sie, die ungeliebte, aber unweigerliche Frage nach der Größe. Ich sagte: „Die passen schon!“ Aber sie wollte es genau wissen und holte ein Bandmaß heran. Nicht etwa um das Hexlein zu vermessen, nein sie nahm einen der Strumpfgürtel und ließ ihn nach unten baumeln.
Ich sagte: „Der ist in der 75, na höchstens 80“. Ihr verblüfftes Gesicht gab mir Recht und ihr Maßband bewies es. „Na die sinn ja auch ser deenbar!“, erweiterte sie das Kaufargument mit feinstem Sächsisch und ich dachte stimuliert: „Ja, bis zum Zerreißen.“ Dann fragte ich formal nach dem Preis, denn mein Wicht hatte die Kaufentscheidung schon längst für mich gefällt, als meine Finger die äußerst kuschelige Rückfront gerieben hatten.
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38 EUR musste ich dafür berappen. Ob sie wohl wusste, dass ich vor Jahren dafür mal die Entwürfe geliefert hatte, na zumindest die Anregung per Bild.
Ich schaute mich weiter um, im Miedertempel und Hexlein schien mehr Schmiere zu stehen und sagte kein Wort, was die Dame sicher noch mehr verwunderte.
Rechts lagen auf offenen Regalböden allerlei Miederhöschen, denen ich mich nun zuwandte und ein einzelnes Grünes mit schwarzen Gummilitzen hervorzog. Glatt war es und sehr weich, aber bevor der Funke ganz übergesprungen war wusste ich auch schon den Preis; 16 EUR – ich legte es wieder zurück, mit abschließender Stoffprobe.
Dann fragte ich ganz ungeschminkt, ob sie denn auch noch breite Hüfthalter hätte und oder vielleicht auch preisgesenkte Ware, die ruhig kleine Lagerschäden aufweisen könnte, ich wäre schon lange Kunde und an allem interessiert. Spontan wurde ein weiteres Fach aufgerissen und da sah ich sie, die begehrten Hüfthalter. Sie zerrte einen hervor und hielt ihn mir zur Ansicht hin.
Der habe jedoch schon etwas mit der Zeit gelitten und würde nur noch zum schnellen Überziehen genutzt, um ungefähr die benötigte Größe zu ermitteln.
Als dann noch der Satz folgte: „Nein, den kann ich ihnen wirklich nicht mehr verkaufen, der ist nicht nur etwas angeschmutzt“, sie entriss ihn mir und hielt mir zwischen ihren Fingern die Strumpfhalter entgegen; „schauen sie, die Laschen sind ja schon total vergilbt, den muss ich weg tun!“, da war im Lumpenwicht das Feuer entbrannt. „Ich will genau den!“, sagte ich bestimmend.
„Geben sie mir Preisnachlass und ich kaufe ihn!“ – „Die kosten bei mir sonst 35 EUR, sie kriegen ihn für 25 EUR.“ – „Für 20,- nehme ich ihn!“ – „Na gut, wir sind uns einig!“
Ich kam mir vor wie beim Kuhhandel und es war sicher bis dato der teuerste Lumpen, den ich erstanden hatte, aber ohne ihn wäre ich sicher in die Elbe gegangen. Der Schnitt, den Stoff hatte ich auch schon erfühlen dürfen, die Vorgeschichte mit seiner verbalen Ächtung und den Schuhspuren an seinem etwas vergilbten Miedertüll – ich bin mir sicher, der Wicht hätte die Pistole gezogen, hätte die Dame das Wonneläppel nicht herausgerückt!
Die Reisekasse war nun am zweiten Tag schon um 58,- EUR geschmälert; und wir hatten noch nichts gegessen…
Ich nehme mal an, die neue Inhaberin des Ladens wird sich noch des Nachts im Bett gefragt haben was da abging. Hoffentlich lernt sie nicht zu schnell dazu und verfolgt in Zukunft bei männlichen Kunden eine neue normabweichende Verkaufsstrategie…
LG, Karl – der noch viel zu berichten hat und morgen schon wieder in Hamburg unterwegs ist.