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Jennifers Stiefeletten
#1
Jennifer ist 25 und ist nach ihrem Abi von zuhause ausgezogen. Das elterliche Umfeld erdrückte sie nahezu, sie wollte aus dem engen Korsett ausbrechen, also zog sie von der Provinz nach Düsseldorf, um dort Journalismus zu studieren. Mittlerweile arbeitet sie als Social Media Managerin für ein Reisebüro.
[Bild: MENIO1S_t.jpg]

Am Stadtrand wohnt Jennifer im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses, das eine vielfältige Hausgemeinschaft beherbergt. Direkt nebenan lebt eine Familie mit zwei erwachsenen Kindern. Im Erdgeschoss lebt Renate, eine ältere Dame, die aufgrund eingeschränkter Mobilität ihren Rollator nutzt. Jennifer unterstützt sie gelegentlich beim Einkauf, besonders am Wochenende. Neben Renate hat Tommy seine Wohnung. Seit drei Jahren ist er auf einen Rollstuhl angewiesen und ist mittlerweile ein enger Freund von Jennifer. Im zweiten Stock wohnen zwei Freundinnen, die für ihr Studium büffeln. Die eine studiert Medizin, die andere Biologie. Neben den beiden Freundinnen lebt ein frisch pensioniertes Ehepaar.

Trotz dieser sozialen Vielfalt schätzt Jennifer ihr Zuhause. Die Nachbarschaft ist freundlich, es gibt keine exzessiven Partys und dennoch herrscht eine offene Gemeinschaft, in der niemand isoliert lebt, sondern Kontakte zu den anderen Bewohnern pflegt. An einem Samstag kehrte Jennifer vom Einkaufen zurück. Sie hatte für Renate Küchenrolle, Kaffee und eine Tiefkühltorte besorgt, da diese am Sonntag Besuch erwartete. Renate gab Jennifer das Geld für die Besorgungen, während sie sich kurz über Belangloses unterhielten: das Wetter, die Unzulänglichkeiten der Politiker... der gewöhnliche Smalltalk an der Wohnungstür.

Jennifer ging nach oben, sperrte ihre Wohnungstür auf, betrat ihre Wohnung und gab der Tür mit einem Fuß einen Tritt, damit sie zugeht. Sie ging direkt in die Küche, um ihre Einkäufe zu verstauen. Anschließend zog sie ihre Stiefeletten aus und stellte sie schlampig beiseite. Danach begab sie sich ins Badezimmer, um die Schmutzwäsche einzusammeln und in die Gemeinschaftswaschküche zu bringen. Bevor sie hinunterging, zog sie ihre alten Adidas-Sneaker an, die sie hinten einfach heruntertrat und so zu Slip-Ons umfunktionierte. Obwohl diese Schuhe nicht mehr für draußen taugten und längst reif für die Tonne waren, eigneten sie sich noch bestens für kurze Gänge in den Keller, zum Briefkasten oder zum Müll runterbringen.

Nachdem sie die Waschmaschine befüllt und eingeschaltet hatte, kehrte sie zurück in ihre Wohnung. Sie zog ihre Sneaker aus und stellte sie im Flur neben der Wohnungstür ab. Jennifer lief grundsätzlich drinnen barfuß herum, sie trug nicht einmal Hausschuhe. Sie liebte es, den Boden unter ihren Füßen zu spüren. Dank der aufsteigenden Heizung der darunterliegenden Wohnung fühlte sich der Boden im Flur fast wie eine Fußbodenheizung an. Im Wohn- und Schlafzimmer hatte sie hingegen Teppichboden.

Sie begab sich in die Küche, um sich einen leichten Mittagssnack zuzubereiten. Für Anfang Oktober war es noch ungewöhnlich warm. Mittags aß sie meistens nur etwas Leichtes, außer wenn ihre Kollegen ab und zu zum Pizzaessen gingen. An diesem Tag machte sie sich einen Kichererbsensalat mit Zwiebeln und Cocktailtomaten. Als sie nach einer Zwiebel griff, bemerkte sie, dass diese bereits matschig war – dabei hatte sie das Zwiebelnetz erst vor einer Woche gekauft. Sie tastete auch die anderen Zwiebeln ab und bemerkte eine weitere verdorbene. Sie nahm die beiden Zwiebeln, bückte sich, um ihre Stiefeletten ordentlich vor den Mülleimer zu stellen, und warf die verdorbenen Zwiebeln in eines der Paare. Dieses Paar Leder-Stiefeletten hatte sie vor vier oder fünf Jahren im Outlet für 49 Euro erstanden. Jetzt war es an der Zeit, sie zu entsorgen.

In den nächsten Tagen folgten ein Blatt Küchenrolle, mit dem sie die übrig gebliebene Soße aus der Pfanne wischte, Salatöl, Fleischabfälle, Haare, die beim Kämmen in der Haarbürste zurückblieben, und sonstiger Müll, der in der Wohnung anfiel. Jennifer trat teilweise auf die Stiefeletten, um den Inhalt besser zu verteilen und so mehr Platz für den Müll zu schaffen. Als sie Dienstagmorgen zur Arbeit ging, nahm sie die Stiefeletten aus der Wohnung und warf sie in die Mülltonne. Da diese bereits sehr voll war, würden die Stiefeletten wohl herausfallen, wenn die Müllmänner die Tonne zum Müllwagen zögen. Also nahm sie die an der Hausmauer lehnende Schneeschaufel und stopfte das Stiefelpaar mit festem Druck tiefer in die Tonne, sodass es zwischen den Müllbeuteln eingebettet war. Anschließend stieg sie ins Auto und fuhr zur Arbeit.

Für Jennifer waren Schuhe lediglich leblose Gegenstände ohne jegliche emotionale Bindung. Wenn ihre Lebenszeit aus welchem Grund auch immer abgelaufen war, kamen sie in den Müll oder wurden, so wie in diesem Fall, selbst als Müllbeutel verwendet, um Platz in der Mülltonne zu sparen. Dies mag vielleicht ein Überbleibsel ihrer Kindheit und Jugend sein, denn als Tochter eines Kommunalpolitikers gab es in der Familie keinen Raum für Sentimentalität. Egal wie sehr sie an ihren Lieblingsschuhen hing, wenn diese zu schmutzig wurden, wurden sie weggeworfen und Neue gekauft. Gleiches galt für Kleidung. Papa musste stets gut aussehen, und dies galt auch für die Familie.
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Ein Feuer in Ehren kann niemand verwehren.
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Mein YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/@therealschuhlover
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#2
Hi sind die alten Adidas bei ihr Superstars und würde die sie auch gegen welche aus der Mülltonne tauschen die noch Strassentauglich wären..bin gespannt wie es weitergeht
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#3
Es ist eine fiktive Geschichte und ich habe ehrlich gesagt nicht vor einen Mehrteiler draus zu machen.
Ein Feuer in Ehren kann niemand verwehren.
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#4
Schade Crying Face
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#5
Na ja... was soll noch kommen, außer, dass sie vielleicht wieder mal Schuhe wegwirft?
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