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Der Rucksack aus der Abstellkammer
#1
Die folgende Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit und ist nur leicht angepasst. Leider existieren von damals keine Fotos, weshalb ich es unter "Geschichten" schreibe:



Zu Beginn meines Studiums zog ich in ein Studentenwohnheim in einer großen Stadt. Auf unserer Etage waren mehrere Wohngruppen, wovon jede neben den Zimmern, Gemeinschaftsküche und Gemeinschaftsbad einen Abstellraum besaß. Dieser war verschlossen und über das Treppenhaus zugänglich. Jede/r aus der Wohngruppe hatte mit ihrem/seinem Schlüssel dort Zutritt. Das erste Mal kam ich dort hinein, als ich zu meinem Einzug einige Möbel aus meinem Zimmer dort verstaute, da ich teilweise meine eigenen Sachen mitbrachte. Alles was dort eingelagert wurde musste mit dem Namen oder der Zimmernummer beschriftet werden.



Als ich einige Wochen später noch mal was dort hinein räumte hatte ich Zeit nachzusehen, was andere dort abgelegt hatten. Neben diversen Möbeln fand sich auch viel Kleinkram, vom Papierkorb über Dekopflanzen bis zu Kochtöpfen und Inline Skates, alles schön beschriftet. Auf mehreren gestapelten Stühlen lag ein schwarzer Eastpak, beschriftet mit "Vanessa". Der weckte sofort mein Interesse. Bei uns wohnte aber gar keine Vanessa, aber gut, der Eastpak war da.



In den nächsten Tagen und Wochen musste ich oft an ihn denken. Hin und wieder betrat ich den Abstellraum, nur um nach dem interessanten Eastpak zu sehen. Er lag immer unverändert dort. Eines Abends war es dann so weit. Als nicht viel los war, schmuggelte ich das Objekt der Begierde heimlich in mein Zimmer und begutachtete es umfassend. Der Rucksack war schon ziemlich gebraucht und hatte deutliche Abnutzungen. Ich stopfte ihn mit einem Kissen und ein paar Klamotten aus und kuschelte fleißig damit. Irgendwann bin ich sogar darauf eingeschlafen.



Als ich wieder wach wurde brachte ich ihn wieder zurück und legte ihn, als ob nichts gewesen wäre, zurück in den Abstellkammer. Das wiederholte sich noch zwei oder drei mal, nur geschlafen habe ich nicht mehr darauf. Eines Nachmittags, es war im Dezember, kam ich ins Wohnheim, als an der Eingangstür ein Zettel hing. Darauf stand, dass in der darauffolgenden Woche Sperrmüll angemeldet war und sämtliche nicht mehr benötigten Gegenstände wie auch die Sachen von ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern raus gestellt werden sollten. Ich dachte sofort an den Eastpak, vielleicht war auch er betroffen?



Die nächsten Tage beobachtete ich besonders aufmerksam die Situation. Erst passierte nichts, drei Tage vor der angekündigten Abholung entstand ein kleiner Müllhaufen vor dem Haus, der dann sukzessive anwuchs. Am Abend vor der Abholung begannen einige meiner Mitbewohnerinnen und Mitbewohner die Wohngruppe und die Abstellkammer auszumisten. Ich selbst hatte nichts für den Sperrmüll, musste aber nachsehen, dass nicht ausversehen meine eingelagerten Möbel weggeworfen werden, wurden sie aber nicht. Sie hatten die zu entsorgenden Sachen vor die Abstellkammer gestellt, einen Drehstuhl, ein defektes Badschränkchen aus Plastik, Blumentöpfe. Auch der Eastpak lag dabei. Als ich mit Verena alleine da stand nutzte ich die Chance und fragt, wo der schwarze Rucksack her kommt und weshalb der weg soll. Vanessa war eine ehemalige Mitbewohnerin, die zuvor in meinem Zimmer wohnte. Sie hatte den Eastpak wohl zurück gelassen, ob absichtlich oder nicht, und ob sie von der bevorstehenden Entsorgung ihres treuen Begleiters ahnte, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen.



"Brauchst du den Rucksack?", fragte Verena etwas zickig. Auf mein "Ich? Nee!" reagierte sie mit einem "Gut, dann kann er weg!" und packte ihn mitsamt den Blumentöpfen in das defekte Schränkchen. Ich ging zurück in unsere Wohngruppe und beobachtete in den nächsten Minuten etwas erregt vom Fenster der Gemeinschaftsküche aus, wie Verena mit zwei meiner Mitbewohner die Sachen nach unten schafften und zum anderen Sperrmüll stellten. Draußen schneite es heftig. Den Rucksack wollte ich mir wieder holen. Da der Sperrmüll jedoch gut von allen bevölkerten Küchen einsehbar war, musste ich den ganzen Abend warten, bis es spät genug war. Erst als Ruhe im ganzen Haus eingekehrt war ging ich auf einen kurzen Spaziergang ums Haus, auf dessen letzten Metern ich zielstrebig das eingeschenite Schränkchen ansteuerte und im Vorbeigehen den Eastpak griff. Als ich am nächsten Morgen wach wurde war der Sperrmüll bereits abgeräumt, was bis heute geblieben ist, das ist der Eastpak:
[Bild: z5aofpio.jpg] [Bild: ubwci6u5.jpg] [Bild: bmcxrx8z.jpg] [Bild: wtf2xnj4.jpg]
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#2
schöne geschichte
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#3
sehr schön, da geht einem das Rucksackhert auf sozusagen, von sowas träum ich sowas zu erleben.
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#4
Geile Geschichte! Was ist mit dem Eastpak jetzt?
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#5
(31.12.2021, 23:43)schueler88 schrieb: schöne geschichte
Danke! Ich habe mir Mühe gegeben, dass so gut ich konnte zu erzählen!

(01.01.2022, 00:18)Rucksackliebhaber schrieb: sehr schön, da geht einem das Rucksackhert auf sozusagen, von sowas träum ich sowas zu erleben.
Zufall und etwas Mitwirkung, was davon würdest du gerne erleben?

(01.01.2022, 22:40)papa_razzo3 schrieb: Geile Geschichte! Was ist mit dem Eastpak jetzt?
Der ist noch hier, wie an dem Tag, als ich ihn geborgen hatte. Ich würde ihn prinzipiell irgendwann mal hergeben, wenn jemand eine gute Verwednung dafür hat.
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#6
(01.01.2022, 22:50)juhu schrieb:
(31.12.2021, 23:43)schueler88 schrieb: schöne geschichte
Danke! Ich habe mir Mühe gegeben, dass so gut ich konnte zu erzählen!

(01.01.2022, 00:18)Rucksackliebhaber schrieb: sehr schön, da geht einem das Rucksackhert auf sozusagen, von sowas träum ich sowas zu erleben.
Zufall und etwas Mitwirkung, was davon würdest du gerne erleben?

(01.01.2022, 22:40)papa_razzo3 schrieb: Geile Geschichte! Was ist mit dem Eastpak jetzt?
Der ist noch hier, wie an dem Tag, als ich ihn geborgen hatte. Ich würde ihn prinzipiell irgendwann mal hergeben, wenn jemand eine gute Verwednung dafür hat.

mitwirkung wäre sehr schön , Smiling
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#7
Damit du so was miterlebst musst du das schon selbst anstoßen! Oder sehr großes Glück haben!


Der Rucksack wäre noch da Grinning-face
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