Wahre Geschichte; New Balance Sneaker meiner Kollegin

[schuhlover]

Hier kommt der finale Part der Story!
 

Kurz vor 16 Uhr, ich war mittlerweile wieder im Büro, damit jemand da war um Kundenanrufe entgegenzunehmen, schrieb mir der Kollege im Versand eine Email:
"Hi,

Julia hat eben noch einen Karton für die Obdachlosenhilfe hiergelassen. Kannst du's mitnehmen?

Danke."

Ich eilte runter, ich wollte schon mal vorab einen kurzen Blick reinwerfen, welche Schätze sich außer den New Balance darin befanden. Ich nahm den Karton und ging damit zum Auto. Ich ging durch's Lager nach draußen und an einer Stelle ohne Fenster stellte ich den Karton ab und schaute schon mal rein. Oben auf lag ein Paar flache Business-Schuhe von Graceland, der Zustand war sehr neu, aber an sich leider uninteressant. Etwas weiter unten sah ich dann schon das Objekt meiner Begierde: die New Balance. Der heilige Grahl, die blaue Mauritius, das heiligste Heiligtum!!!


Schnappatmung, Herzrasen, Platzprobleme in der Hose. Wahnsinn! Endlich darf ich die New Balance mein Eigen nennen. Der Traum wurde Wirklichkeit. Ich konnte es noch gar nicht richtig glauben. Ich ging mit dem Karton zum Auto und deponierte ihn im Kofferraum. 1 Stunde später, als ich endlich Feierabend machte, war ich ganz aufgeregt, was sich sonst noch in dem Karton befindet. 2 Paar Schuhe habe ich schon entdeckt, sind vielleicht auch Pumps, oder High Heels dabei? Ihre letzten Pumps sind derart süß, ein zweites Paar dieser Sorte hätte ich durchaus gerne.

Ich suchte mir beim Heimfahren einen abgelegenen Platz aus, an dem ich den Karton ungeniert durchwühlen konnte, um ihn nach Schuhen abzusuchen. Ergebnis: insgesamt 5 Paar Schuhe waren in dem Karton, bis auf die Business Schuhe (laut eigener Aussage hatte sie die nur 2x zu einer Messe an, findet sie aber total unbequem) kannte ich alle und habe sie alle schon an Julia's Füßen gesehen: grobgenähte Winterbooties mit Schnürung und seitlichem Reißverschluss in Bordeaux-Rot (die hatte sie u. a. am Tag der Weihnachtsfeier mit einer blickdichten Strumpfhose an und während der Feier stand ich neben ihr, als wir Karaoke sangen), ein paar graue ungefütterte Schnür-Booties, ebenfalls mit seitlichem Reißverschluss und ein paar blaue, zierliche Schühchen zum Schnüren, die sie noch vor 1 Woche mit einer schwarzen Nylon-Strumpfhose trug.

(Schuhe werden in der Sammel-Abteilung demnächst vorgestellt)

Hammer-Ausbeute! Auf die Blauen habe ich spekuliert und tatsächlich bekommen. Im Vergleich zu den New Balance sehen die anderen Schuhe blass aus aber unabhängig davon ist es eine geile Ausbeute! Abgesehen von Schuhen waren Kleider, Röcke, Blusen, 3 Paar Strumpfhosen, etwas Schminke und ein Lockenstab dabei. Sie hat sich echt nicht lumpen lassen

Am Montag sprach sie mich am Nachmittag an, ob was brauchbares dabei war. Ich sagte, dass sie sich sehr gefreut hat und Jürgen (der Mann meiner "Bekannten", die in Wirklichkeit eine Freundin ist und nichts mit Obdachlosen zu tun hat) die New Balance sofort dem Mädchen gebracht hat und diese wohl vor Freude geheult hat. Zum einen, weil sie wieder Schuhe in ihrer Größe bekommen hat, zum anderen weil es sogar New Balance-Sneaker sind. Den genauen Dialog kann ich leider nicht mehr 1:1 wiedergeben (ich war zu aufgeregt darüber zu reden um mir noch alles merken zu können), aber wir unterhielten uns noch eine Weile über die New Balance.
Ich: "Für sie war es wohl wie Weihnachten und Geburtstag auf einmal."
Julia, etwas lachend: "Schön, das freut mich. So war es auch geplant."
Ich: "Ich hab mir am Freitag nur gedacht 'Hey krass, das ist ja ein gigantischer Zufall', als Du sagtest, Du hast New Balance in Größe 36."
Julia: "Ja, in der Größe findet man wenig, nicht mal in Geschäfte. Da muss ich teilweise in die Kinderabteilung gehen."

Sie verriet mir, dass sie überlegte, ob sie die New Balance wirklich hergeben, oder doch behalten soll. Das Mädel hat ihre New Balance geliebt und Julia hat solche Sneaker in der richtigen Größe, ich denke, da konnte Julia wohl nicht anders und trennte sich schließlich doch von ihren Schuhen. Ich sagte, dass meine Bekannte laut ihrer Aussage nicht drauf aus war, dass jemand Markenschuhe hergibt, erst Recht nicht, wenn diese noch aktiv getragen werden und sie sich mit den New Balance nichts gedacht hat und niemanden manipulieren wollte. Julia lachte und meinte, das sei schon okay, sie ist schließlich schon groß und kann ihre eigenen Entscheidungen treffen. Vor Feierabend fragte ich sie, ob sie noch was zum Mitgeben hat, da meine beste Freundin und meine Nachbarin auch noch Sachen zum Mitgeben haben. Wenn Julia noch was hätte, würde ich noch warten, damit ich deswegen nicht nochmal extra vorbeischauen muss. Julia verneinte und ich hakte nach: "Auch keine hohen Schuhe?", in der Hoffnung vielleicht nochmal ein süßes Paar Pumps oder High Heels in Händen halten zu dürfen.
Julia: "Nein, die sind alle schon bei denen."


Am Dienstag fragte ich Julia in der Früh: "Hast Du mir eigentlich am Freitag auch blaue Schuhe mitgegeben? Ich war ja gestern nochmals da und sie meinte 'Die blauen Schuhe sind so süß', die möchte ich mir auch kaufen."
Julia: "Nein, die New Balance sind die einzig blauen Schuhe." (Anmerkung: die enthalten keine blaue Stelle, wollte sie mich damit testen???)
Ich: "Okay, dann war es die Kollegin meiner Freundin. Sie war sich nicht mehr sicher, von wem die Schuhe stammen."
Julia: "Ach ne, doch. Meinst Du die blauen Stoffschuhe?"
Ich: "Keine Ahnung, sie meinte nur 'blaue Schuhe'"
Julia: "Ja, da warem blaue Schuhe dabei."
Ich: "Ah, dann soll ich DICH fragen, wo Du die gekauft hast."
Julia: "Wenn es die Stoffschuhe sind, dann habe ich die beim Deichmann gekauft. Die sind echt süß. Aber die fingen an zu Fusseln. Die Nähte sind noch heil, aber die fusseln vorne an der Spitze schon so ab und das sieht aus, als ob die Nähte aufgehen. Deswegen habe ich sie auch nur noch selten angezogen." (Anmerkung: sie hat, zumindest in der Form her, ein gleiches Paar in Schwarz. Ob die auch seitlich diese offen-maschige Musterung haben weiß ich nicht, diese ist mir bei diesen blauen Schuhen die Beiden Male, als Julia sie im Büro trug, auch nicht aufgefallen.)

Ich verwickelte sie weiter in einem Dialog und merkte an, dass meine Bekannte ein "Herzliches Vergelt's Gott" ausrichten lässt.
Ich: "Sie meinte 'Du darfst auf keinen Fall kündigen'. Ich schaute sie an und sie meinte 'Deine Freundin hat mir erzählt, dass Du kündigen willst. Das darfst Du nicht. Halt Dir bloß Deine Kollegin warm.'"
Julia musste lachen und ich setzte nach. "Meine Bekannte war so überwältigt, dass Du Deine New Balance hergegeben hast. Das war nicht ihre Absicht. Ihr ist das so peinlich, dass Du die hergibst, obwohl Du sie noch getragen hast. Ich habe ihr nicht gesagt, dass es Dir schwergefallen ist, die herzugeben. Sie wäre im Stande zu sagen, Du sollst Dir neue kaufen und sie bezahlt sie Dir."
Julia lachte und meinte "Ist schon in Ordnung. Sind ja nur Klamotten. Das ist nur etwas Materielles. Die habe ich schon lange, die waren damals auch gar nicht teuer. Normalerweise kosten die glaube ich um die 90 Euro. Ist jetzt auch nicht teuer für Schuhe, aber für das Geld kaufe ich mir keine Schuhe. Das war ein Auslaufmodell und ich habe nur, ich glaube 35 Euro oder so bezahlt. Ich hab 3 Paar Schuhe, ich brauche nicht so viele Laufschuhe."

So viele Informationen über die von mir so geliebten Schuhe. Auch wenn es Julia etwas heruntergespielt hat, ich denke, es ist ihr tatsächlich schwer gefallen die Schuhe herzugeben. Bei allen negativen Eigenschaften, ihre soziale Ader, speziell die Geste mit den New Balance, bringt ihr 1000 Karma-Punkte ein. Wenn sie wüsste, dass ich mir diese Schuhe behalte und mich damit selbst befriedige, würde sie mich wohl auf der Stelle töten   Sie wird es (hoffentlich) nie erfahren und vielleicht bekomm ich ja auch noch ihre hohen, schwarzen Schnür-Booties. Die hätte ich irrsinnig gerne, zumal ich diese Schuhe bereits viel häufiger an ihr gesehen habe und noch immer sehe, vor allem mit schwarzer Nylon-Strumpfhose.

Ich sagte ihr, dass ich es toll finde, dass sie mich hierbei so unterstützt und ich es auch schon sehr lange mache. "Wäre Schade, wenn die Sachen nur rumliegen, oder weggeschmissen werden."
Julia: "Ich habe schon ewig keine Sachen mehr weggeschmissen. Ich hab das immer zum BRK-Shop gebracht."
Ich: "Ich habe das früher immer im BRK-Kleidercontainer geworfen, aber seit ich meine Freundin kenne, bringe ich das immer zu der Bekannten."
Julia: "Na, ich habe das nie in Kleidercontainer geworfen."
Ich: "Na ja... BRK-Container ist schon in Ordnung. Bei Anderen habe ich teilweise Plastik reingeworfen, in der Hoffnung, dass die Container abgezogen werden." (Anmerkung: habe ich tatsächlich gemacht. Je weniger Container rumstehen, desto schneller werden die anderen voll und desto größer die Chance, etwas abzubekommen  ) Wir redeten noch ein wenig über soziales Engagement, ehe sich jeder wieder seiner Arbeit widmete und das Thema endgültig abgeschlossen war.
--- Ende ---