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Das metrische System I: Hier wird ordentlich aufgeraeumt ...
#1
... und zwar mit einem, ja, wie soll ich's nennen ... eisernen Besen? Nein! ... Flammenwerfer? Nein!! ... Gartenhaechsler? Auch nicht! - vielmehr mit einem alten Aberglauben. Doch der Reihe nach: vor mehreren Monaten gab es hier im Forum einen huebschen Beitrag zur "E10"-Elektrolok, der meine Gedanken befluegelte: Wenn solch ein Koloss, also mehrere Tonnen Last pro Rad, mit 130km/h herandonnert, was wuerde wohl mit Stiefeln geschehen, die sich leichtsinnig auf den Geleisen tummeln? Wuerden da nicht spitze Schuhe breit, lange Schaefte kurz und gerade Absaetze krumm? Ja waeren gar manche Schuhe nicht ploetzlich ganz woanders und liesse sich der Aufenthaltsort ueberhaupt noch bestimmen, waehrend die Lok vorueberbraust?! Lauter Fragen, die schon Einstein und Heisenberg beschaeftigt hatten, taten sich nun auch vor mir auf. Endlich begriff ich, worum es in der Physik eigentlich ging! Doch damit nicht genug. Wie weit wuerden wohl Stiefel springen, deren metallene Reissverschluesse man mit den 15000 Volt erregt, was waere, wenn das Transformatorenoel ueberhitzte und sich entzuendete - wieviele hundert suesse PVC-Regenstiefel liessen sich dank dieser Energie zu einem schwarz-blubbernden See mit gelben und rosa Tupfen obenauf einschmelzen?! Kurzum, jeder von uns hier sollte sich so eine Lok zulegen!! Aehem, ja, also jedenfalls war ich stark erregt ...

Natuerlich klingt soetwas auch wieder ab, das weiss man ja. Deshalb wollte ich mir das nach einer Weile noch einmal anschauen, aber ach, der Eintrag war verschwunden! Was nur tun? Zum Glueck gibt es das "semantic web", und so habe ich das Foto doch an :evil: Bild "munity.de/pc/pc/pcat/352114/display/10893991]anderer Stelle[/url] wiedergefunden:

[Bild: qWy38v6K.jpg]

(Fortsetzung folgt)

--
(ML edit 4.1.2009: Verweise unterstrichen)
#2
Hallo Mottenlilly!
Da bin ich ja mächtig gespannt auf deine Aufräumaktion. Was du wohl alles ausmisten wirst... Meterweise Klamotten? Kiloweise Schuhe? Sekundenlange Hochspannung... Face-with-tears-of-joy

So eine Lok wäre tatsächlich ein tolles Spielzeug, aber wohin damit? In meiner Tonne ist kein Platz! Winking-face

Metrische Grüße aus der Tonne von
Oscar
#3
Und weil da sogar Kontaktdaten dabeistanden, wollte ich dieser Wilay einfach nur zu ihrer tollen Lok gratulieren. Natuerlich nichts von obigen Gedanken offenbaren - einfach nur kurz loben, wie schnell man doch mit dieser Technik unterwegs sein kann. Aber ach, am Ende liess eine Freudsche Fehlleistung mich ihr zu ihren STIEFELN gratulieren! Wie peinlich. Ach haette ich doch bloss nicht immer soviel Glueck beim Suchen. Aber Wilay hat Humor, einen recht seltsamen Humor sogar (oder hat sie es am Ende ernst gemeint?), und schrieb hoeflich zurueck. Sie freue sich ueber das Kompliment und haette ehrlichgesagt nicht erwartet, in Europa auf jemanden zu stossen, der sich in diesen Dingen auskenne. Sie beschaeftige sich nun schon seit mehreren Jahren mit Siebenmeilenstiefeln und habe die Technik immer besser im Griff, sodass sie mittlerweile auf laengeren Strecken fast ausschliesslich mit ihnen unterwegs sei. Da, wie ich sicher wisse, diese Stiefel nur der Optik wegen paarweise existieren, und sie an ihren Fuessen ohnehin zarte Riemchensandaletten bevorzuge (waehrend sie auf Reisen einfach den rechten Stiefel in ihrer Handtasche mitfuehre), wolle sie mir den linken gerne ueberlassen. Sie brauche ihn ja nicht wirklich und bei mir als Eingeweihter wisse sie ihn schliesslich in guten Haenden. Zwar habe sie vor, in Kuerze einen Urlaub auf Malta zu verbringen, doch fuer diese laeppische Insel werde ihr auch ein Mietwagen genuegen. Sollte ich mich bis dahin schon uebers Wasser trauen, koenne ich sie auch mal dort besuchen. Dann wuerde sie sich im Notfall den Linken mal ausleihen.

Ich habe mich natuerlich veraeppelt gefuehlt und wollte anfangs lieber gar nicht antworten. Aber nach einer Weile, mehr der Hoeflichkeit wegen, entschloss ich mich doch zu einem knappen "Ja, gerne". Dann ging alles Schlag auf Schlag, und ploetzlich stand dieses Paket auf meinem Kuechentisch, und darin befand sich:

[Bild: VOPDZ5R8.jpg]

(Fortsetzung folgt)
#4
Ja, da stand er nun, ein einzelner, kleiner Stiefel - zu klein, als dass ich ihn haette anziehen koennen; zu einzeln, als dass er als Kleiderspende tauglich gewesen waere. So stand er da, und stand und stand - stand nur im Weg! Konnte ich es wagen, von Wilay den zweiten Stiefel nachzufordern? Lieber nicht! Und was hatte sie mir da eigentlich fuer eine Geschichte erzaehlt? Unter einem Siebenmeilenstiefel hatte ich mir wahrlich etwas anderes vorgestellt, denn dieser Stiefel stand nur da (und ich habe ihn genau beobachtet, das koennt Ihr mir glauben!), stand einen Tag, dann zwei, schliesslich vier Tage - ohne sich jemals zu bewegen. Da wurde es mir zu bunt. Ich ging an mein Schneiderkaestchen und holte das Massband heraus. Irgendeine logische Erklaerung fuer die sieben Meilen musste es doch geben!

[Bild: a1WXdGI7.jpg]

So mass ich denn laengs, so mass ich quer, auch diagonal und schliesslich rundherum. Nichts! Selbst mit bewusst falsch herausgesuchtem Umrechnungsfaktor zum metrischen System wollte sich nie eine Sieben als Ergebnis einstellen.

[Bild: YA2p0Je5.jpg][Bild: VQ2l4Ic0.jpg][Bild: IoHh4zr2.jpg]

Langsam begann ich, innerlich zu kochen. Dieser bloede, hohle Stiefel - sicherlich noch keine zwei Jahre alt und noch nie ein Buch gelesen - fuehrte mich an meine intellektuellen Grenzen. Doch koste es, was es wolle: der gordische Knoten musste doch zu loesen sein!


(Fortsetzung folgt)
#5
Na klar: der KNOTEN! Das war die Loesung, warum nur war ich nicht frueher darauf gekommen!? Also die Krallen gewetzt und versucht, das Ding aufzubekommen. Hier ein wenig ziehen, dort ein wenig stauchen, mit dem Finger dazwischen und - fertig!

[Bild: j18LuZKN.jpg]

So, nun musste doch eine Sieben zu erreichen sein! Doch ach, welche Enttaeuschung: auch so mass der Stiefel keine 70cm. Immerhin zeigte sich, dass das Material DEHNBAR war. Also zog ich. Und zog noch etwas fester, denn tatsaechlich kam ich so meinem Ziel Zentimeter um Zentimeter naeher. Aber wie lange sollte dies dauern? Um die Sache ein wenig zu beschleunigen, zog ich ruckartig, was sofort eine Verbesserung von einem Dezimeter ergab. Beachtlich! Allerdings hatte eine Naht nachgegeben.

[Bild: HjQ704mB.jpg]

Nunja, ein Stiefel, der mirnichts dirnichts auf einem Wunderwerk der Technik wie der E10 herumtrampeln darf, der muss das schon abkoennen. Sollte er doch seinen Bruder zu Hilfe holen! Wo war der denn, hm! Stiefel sind eben Egoisten, und das sollte sich jetzt raechen. Denn jetzt wuerde ich dem Stiefel SEINE Grenzen vor Augen fuehren! Zum Beispiel schien es ja mit seiner Elastizitaet nicht allzu weit herzusein. Ich zog folglich noch etwas energischer an jenem Fortsatz (der moeglicherweise auch nur einen Henkel zum leichteren Wegschmeissen darstellen sollte) und schwupps, hatte ich einen mehrteiligen Stiefel.

[Bild: uy284DTV.jpg][Bild: Bo23drMy.jpg][Bild: 21WpSFZd.jpg]

Wenn es nur immer so einfach ginge! Doch leider hatte mich die ganze Aktion bisher keinen wesentlichen Schritt naeher an die 7-Meilen-Marke herangefuehrt, sodass mir nun eines klar wurde: ohne WERKZEUG liessen sich hier keine weiteren Fortschritte erzielen ...

(Fortsetzung folgt)
#6
Doch welches Werkzeug waere hier das richtige? Ja klar, eine E10 - doch wer hat sowas schon parat. Gedanklich querte ich den Keller, inspizierte den Geraeteschuppen im Nachbargrundstueck, durchstreifte die endlosen Regalreihen saemtlicher Baumaerkte: was fuer putzige Sachen, meist aus Metall, tauchten da vor meinem geistigen Auge auf! Oft konnte ich mir schon nicht vorstellen, wozu sie wohl original zu gebrauchen waeren; sie in einen vernuenftigen Zusammenhang zu dem Stiefel zu setzen, war aber noch um einiges schwieriger.

Schon neigte sich die Sonne dem Horizont zu, waehrend ich ueberlegte und ueberlegte - ergebnislos. Der Schatten des Fensterkreuzes, anfangs noch zu meinen Fuessen, kam ueber die Couch gekrochen, schickte sich bereits an, die Wand zu erklimmen, als, ploetzlich und unverhofft, ein Glitzern und Funkeln mein Auge blendete und mich so aus meinen Phantastereien riss. Natuerlich! Ein GUTES Werkzeug musste man nicht suchen - ein solches wuerde sich zur rechten Zeit ganz von allein bei einem melden. Bedrohlich zwar prangte der Schatten des Fensterkreuzes auf der Bluemchentapete, und beinahe schuechtern stand, auf dem Tisch davor, mein altes Naehkaestchen - aber aus diesem hervor, umflort von einem herrlichen Lichterkranze, lachte SIE mich an.

Schlagartig fiel alle Truebsal von mir ab. Ich wusste, nun wuerde alles gut, denn wir waeren ein gutes Gespann und hatten gemeinsam schon so manche Schwierigkeit gemeistert. In gluecklichem Einverstaendnis blinzelte ich zu ihr zurueck und stand auf. Dem Fensterkreuz auf der Tapete gesellte sich eine Silhouette bei, die etwas Spitzes emporhielt und sich dabei vor Lachen zu biegen schien. Sollte das etwa ICH sein? Verstoert verliess ich das Zimmer ...

(Fortsetzung folgt)
#7
... und noch bevor ich in der Kueche ankam, kam mir ein Trick aus Kindertagen in den Sinn, mit dem es moeglich gewesen war, durch eine Postkarte zu steigen! Kein Wunder, dass mir das gerade jetzt einfiel, da ich SIE in Haenden hielt, denn alles, was man brauchte, war das richtige Schnittmuster und eben eine Schere. Somit war voellig klar, was nun anstand, und sogleich machte ich mich ans Werk. Ich hatte anfangs etwas Muehe, durch den elastischen doppellagigen Saum vorzustossen, aber nach ein paar Zentimetern schien die Schneide Geschmack an dem fuer sie noch neuen Material zu finden und biss sich immer schneller durch den Schaft:

[Bild: mpIEWG17.jpg][Bild: U1WvIP67.jpg][Bild: PCRzxclE.jpg]

(Fortsetzung folgt)
#8
Runde um Runde ging es nun vorwaerts, ohne dass etwas Aussergewoehnliches geschah (dabei haette man doch von einem Siebenmeilenstiefel erwarten koennen, dass sich nun ein Geist in Form einer lila Wolke verfluechtigte, die Erde bebte oder irgend etwas in dieser Richtung - aber nein, es gab nicht die geringste Reaktion). So bedarf es auch nicht vieler Bilder, den Vorgang zu dokumentieren:

[Bild: 4YTjXphx.jpg]

Immerhin, der Stiefel wurde um einiges "laenger".

(Fortsetzung folgt)
#9
Tja, wenn es gut laeuft, verdraengt man nur zu leicht, dass Alles einmal sein Ende findet. Schneller als mir lieb sein konnte, geriet der Vortrieb ploetzlich ins Stocken: die Schere biss und kniff, hustete Spaene, kam nicht mehr voran - ein widerliches pappartiges Material hatte ihr die Zaehne verklebt! Doch sie hatte bis hierher gute Arbeit geleistet und die wohlverdiente Pause bot Gelegenheit, die Szene in Ruhe aus der Distanz zu geniessen.

[Bild: pt2uykx4.jpg][Bild: eop2BucN.jpg][Bild: ngsZQWy7.jpg]

Optisch nahm sich der Stiefel nun eigentlich sehr huebsch aus; aber wuerde endlich die Laenge ausreichen? Zeit, innezuhalten und einmal nachzumessen.

(Fortsetzung folgt)
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