Hallo Ihr Wissbegierigen!
Meinen Urlaub läutete ich dieses Wochenende mit einem längst fälligen Besuch in Borken ein. Zwei Jahre war ich nicht mehr zu gegen gewesen und als ich bei meiner Ankunft das dortige GWH ansteuerte, musste ich mit Bedauern feststellen, es hat sich einiges verändert.
Das GWH führt keine Textilien mehr und auch das kleine Sortierwerk ist aufgelöst, wie mir der Chef zu berichten wusste – mir schien er konnte sich wage an mich erinnern.
Vorher hatte mich das Schild „Sonntag großer Flohmarkt!“ daran erinnert; da war doch noch was?
Unsere Verwandte, sehr klapprig geworden, empfing uns um so herzlicher. Karl streift ja immer sofort durch das Haus, um zu sehen ob noch alles am Platz ist. Und als wir unsere Betten bezogen und mir ein zufälliger Blick ins Bügelzimmer gelang, da stieß ich auf eine neue Miederhose, welche ordentlich gefaltet auf einem Stapel altgedienter Schlüpfer lag.
Da der Planet mal wieder ordentlich drückte und sich gegen Südwest gewand hatte, war unsere Gastgeberin gerade bemüht mit alten Vorhängen die Fenster vom Bügelzimmer abzuhängen, als ich sie antraf, damit sich die obige Etage nicht zu sehr aufheizte.
„Na, ganz schön warm mal wieder heute und mir wird noch wärmer, wenn ich sehe, dass du dir eine neue Miederhose geleistet hast“, entfleuchte es mir.
„Was, die Miederhose – die habe ich von meiner Tochter, die hat sie beim Ausmisten gefunden, lag bei ihr da noch im Schrank herum, aber mir ist sie auch zu eng. Willst du die haben? Die muss ich ihr doch zurück geben, wenn sie mir auch nicht passt?“
„Die gibst du nicht zurück! Was soll sie denn damit? Das Ding ist nachher einfach verschwunden und ich kaufe dir mal eine, die passt. In der 90?“
„Ja, das kommt eher hin“, antwortete sie: „Aber das musst du nicht! Die zwei, die ich noch habe, davon passt eine gut und die andere ist mir fast etwas zu groß, aber vielleicht nehme ich ja auch wieder etwas zu – lass mir die man ruhig!“
So ruhig, konnte ich dabei gar nicht bleiben, aber ich akzeptierte ihr Ansinnen.
Als sie weg war, hatte der freche Lumpenwicht das Objekt der Begierde sofort beim Wickel und als er unerwartet niesen musste – konnte ich das Wonneteil leider nicht mehr unbefleckt an den Fundort zurück legen, es verschwand im Reisebesteck.
Der anstehende Einkauf von Lebensmitteln in der Stadt war Anlass genug, um sich um Ersatz zu bemühen. In mehrere Textildiscounter führte mich mein Weg, aber ich fand keine, oder zu hoch geschnittene Miederhöschen, oder aber sie waren nicht in der geforderten Größe.
Dann doch noch ein Erfolg, denn an einer Wand, etwas versteckt, fand ich ein entsprechendes Exemplar, um dessen Auslieferung es mir fast schon wieder leid zu tun schien.
Wenigstens ein Mal wollte ich seinem Charme erliegen dürfen, was mir auch gelang, bevor ich es nun nicht mehr jungfräulich seinem Schicksal übergeben musste.
Heute am Sonntag, nach Frühstück und Abwasch, da zog es mich nun auf den Flohmarkt. Dem Hexlein war es zu warm und ich fuhr allein.
An dem ehemaligen Energieversorgungsbetrieb, war dessen großer Parkplatz gut belegt und ich fügte mich ein, in die Herde junger und alter sammelwütiger Zeitgenossen und Schnäppchenjäger.
Zwei Euronen verlangte man als Eintritt, in das Zauberland des Verfalls und maroden Glanzes. Karl ließ das Auge schweifen und fokussierte sorgsam jeden Stand an dem sich Textilien zeigten. Danach musterte ich die Besatzung des Standes, um meine Frage nach dem Begehrten entsprechend zu formulieren, oder ganz davon abzusehen.
Da wo auch gebrauchte Büstenhalter auslagen, da witterte ich etwas mehr Erfolg.
Eine ältere Dame mit Stock war auf meine Frage hin sehr aufgeschlossen und bedauerte solche Unterwäscheteile immer gleich weggeschmissen zu haben, weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass diese noch für irgend Jemanden von Begehr seien, aber sie wolle da in Zukunft etwas mehr darauf achten.
Eine zweite Frau, Mitte fünfzig und witterungsangepasst kurz geschürzt, war zuerst der Meinung ich wolle ihren Transporter kaufen, weil ich ins Innere schielte, da dort noch Bananenkartons mit Klamotten zu sichten waren. Und als sie die Feilscherei mit einer Puppenfetischistin beendet hatte, da konnte nun auch ich mein Begehr vortragen, nachdem ich in einer Kiste schon diverse Spitzen- BHs gesichtet hatte. Hüfthalter hätte sie nicht, aber Miederhosen, diese zu Hause und ein dünnes Korselett legte sie mir nach längerem Suchen vor – auf das ich aber verzichtete, ohne den Preis dafür gewusst zu haben.
Nun näherte ich mich meinem letzten Versuch, einem Stand mit zwei Damen so um die Vierzig, an dem ich auch vier Allerwelts- Büstenhalter entdeckt hatte.
„Hallo! Ich sehe, sie haben auch BHs mit dabei, deshalb meine Frage – haben sie denn auch alte Miederhosen, Hüfthalter, oder andere Mieder mit Strumpfhaltern, vielleicht auch ältere Nylonunterröcke mit Spitze?“
Dem folgte ein kurzer Scann.
„Nein, damit können wir nicht dienen, aber vielleicht sollte ich mal in den Ofen schauen, da findet sich so was vielleicht noch!“ Beide Damen lachten sich eins.
Leute – ich war baff und man sah es mir sich auch an. Der Lumpenwicht richtete sofort sein Zipfelmützchen gegen das Beinkleid auf.
Doch dann lenkte sie ein. „Von Ihr“, und sie deutete auf die Dame neben ihr: „Da ist neulich die Schwiegermutter gestorben. Wir haben das Haus noch gar nicht leer geräumt, keine Zeit gehabt, aber da findet sich so etwas bestimmt noch an, da müssen sie mal später wieder kommen, könnte sein, ich habe dann so was für sie.“
Ob dieser Eindrücke sehnte ich mich nun doch nach Sömmerda und verließ demütig das Schlachtfeld.
LG, Euer Lumpenwicht