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Aus der Geschichte der Nylonstrümpfe
#1
Hier ein interessanter Bericht aus dem Iran, enthalten in einem "Spiegel" von 1952. Nylons waren ein teures Importgut:

"16.01.1952


PERSIEN
Nylon-Boykott

Persiens Premier Mohammed Mossadeq, der laut US-Zeitschrift "Time" die "Räder des Chaos (in Asien) ölt", konzentriert seine Aktivität auf den Hof des Schahs, seit die Königinmutter den im Parlamentsgebäude versteckten Oppositionsmitgliedern Körbe voll Erfrischungen schicken ließ. In der Nationalistenpresse werden die Ausgaben des Hofes vor den darbenden Bürgern breitgetreten. Bilder von der Schah-Schwester Prinzessin Aschraf auf luxuriösen Parties in Paris werden zusammen mit kritikgeladenen Unterschriften gedruckt. Außerdem kann man aus diesen Blättern erfahren, daß der Hof "ein Mekka für britische Agenten" ist.

Wieder mußte der willenlose Schah seinem wildgewordenen Premier letzte Woche ein bitteres Zugeständnis machen: Seine junge Frau Soraja. 19, war das Opfer. Sie mußte den Vorsitz der Teheraner Frauenliga zum Boykott von Nylonstrümpfen übernehmen. Der Zweck: durch Verzicht auf Nylons sollen die praktisch erschöpften Devisenreserven des Landes noch ein wenig gestreckt werden, nachdem bereits der größte Teil des persischen Diplomatenkorps aus Ersparnisgründen heimgerufen worden ist.

Die bessergestellten Teheraner Frauen wollen ihre Nylons demonstrativ vor dem Gebäude der Britischen Bank verbrennen - auch jetzt noch, nachdem Mossadeg letzte Woche 23 Millionen Dollar US-Hilfe angenommen hat.
Dazu meinte die "New York Times" ironisch: "Wir entdecken, daß es nicht nur seliger ist zu geben als zu nehmen, sondern in einigen Fällen auch unheimlich viel schwieriger. Es hat viel geschickte Ueberredung erfordert, Persien zur Annahme der ... Hilfe zu bewegen, aber wir können froh sein, daß Mossadeq seine ursprünglichen Skrupel überwunden hat ..."

Mossadeq faßte den Entschluß, dem Parlament den letzten Beweis seiner unerschütterlichen Beliebtheit bei den Amerikanern mitzuteilen. Aber am Morgen las er von einem aufgedeckten Mordanschlag auf seine Person und blieb - wie auch am kommenden Morgen, als die Regierungspresse ein weiteres Komplott gegen Mossadeq

aufspürte - zu Hause im Bett. Damit fehlte Mossadeq seit 11. Dezember bei 28 aufeinanderfolgenden Sitzungen, weil "ich im Majlis (Parlament) nicht sicher bin". Der Sprecher des Hauses bemerkte unter dem Gelächter der wachsenden Opposition beißend, nach seiner Ernennung zum Premier habe sich Mossadeq wochenlang nicht aus dem Majlis gewagt, "weil ich außerhalb des Majlis in Lebensgefahr bin".
*) Känguruhs schlafen gewöhnlich im Sitzen, Kantilever sind freischwebende Brücken- oder Vorbauträger.

DER SPIEGEL 3/1952
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#2
Und hier ein langer spannender Artikel über den europäischen Markt für Nylonstrümpfe aus der "Zeit" vom Mai 1965:


Deutsche Strümpfe für Europas Beine
Mit Opal gemeinsam in den Gemeinsamen Markt
Die amerikanische Strumpffabrik Chadbourn Gotham, Inc. in Carolina konnte dieser Tage Schecks über 15 Millionen Mark kassieren. Sie waren ausgestellt von Schulte & Dieckhoff, dem größten Strumpfproduzenten der Welt, und ihrem größten Konkurrenten, der deutschen Hudson GmbH. Die 15 Millionen sind der Preis für die Opal-Werke in Reinfeld und Berlin.
„Wir haben Opal gekauft, ohne die Werke zu kennen“, erklären die Brüder Schulte und Juniorchef Weißhuhn von Hudson voller Stolz. „Wir mußten schnell handeln, denn jede Verzögerung konnte für den deutschen Strumpfmarkt fatal sein. Opal hätte in ‚falsche Hände‘ geraten können, und dies hätte vielleicht den deutschen Markt verdorben.“
„Seit geraumer Zeit befindet sich der deutsche Strumpfmarkt in einer erfreulichen Phase der Konsolidierung, die nicht durch spekulatives ,Drauflosproduzieren‘ unterbrochen werden dürfte,“ betonten die Brüder Schulte auf einer Pressekonferenz.
Zur Zeit brauchen Deutschlands Frauen fast alle 14 Tage ein Paar Strümpfe; genau sind es 23 Paar im Jahr. Damit liegt der deutsche Verbrauch um sieben Paar höher als in Amerika und um 12 Paar über dem französischen. Nur Schwedens Frauen kommen mit etwa 20 Paar Strümpfen im Jahr an den Verbrauch Deutschlands heran.
Die Unterschiede sind nicht nur klimatisch zu erklären. Gewiß werden in Florida oder Südfrankreich weniger Strümpfe getragen als etwa in Bayern oder an der Nordsee, denn die Sonne scheint dort länger und wärmer als hierzulande. Aber der Hauptgrund ist anderer Natur. Die deutschen Frauen haben es schneller begriffen, daß Strümpfe keine Luxusartikel mehr sind.
Die erstaunliche Verbrauchssteigerung in der Bundesrepublik ist zum großen Teil den sogenannten „Wegwerfstrümpfen“ zu verdanken, also Strümpfen, die man nicht mehr reparieren läßt, wenn es eine Laufmasche gibt, sondern kurzerhand in den Mülleimer befördert.
Schulte & Dieckhoff sind die Initiatoren dieses Erfolgs.
Es ist noch gar nicht so lange her, daß das Unternehmen groß in das Strumpfgeschäft eingestiegen ist. 1945 noch war es ein kleines Werk in der Nähe von Münster mit 60 Arbeitskräften, heute wirken in neun Produktionsstätten von S. & D. fast 8 000 Menschen. In den letzten sechs Jahren stieg der Umsatz von 62 Millionen auf 356 Millionen Mark; für 1965 erwartet das Unternehmen einen Umsatz von 400 Millionen Mark.
Zu diesem enormen Sprung verhalf den Brüdern Schulte ihre Phantasie. Als noch niemand das Risiko übernehmen wollte, Strümpfe chne Nähte zu produzieren, wagte es allein S. S. & D.Die Brüder waren so überzeugt von ihrem Erfolg, daß sie fast alle Maschinen in der Welt für die Herstellung nahtloser Strümpfe kauften.
Zunächst sah es allerdings gar nicht gut aus um das neue Projekt. Die deutschen Frauen konnten dem nahtlosen Strumpf keinen Geschmack abgewinnen. Aber Beharrlichkeit führte zum Ziel. Heute haben die deutschen Frauen eine Vorliebe für nahtlose Strümpfe. Das liegt wohl in erster Linie an der Bequemlichkeit, denn Strümpfe ohne Naht sitzen nicht mehr schief. Von 100 Paar Strümpfen, die in der Bundesrepublik produziert werden, haben 97 keine Nähte mehr.
Zu dem Erfolg trug auch bei, daß S. & D. sich nicht scheute, den Fachhandel vor den Kopf zu stoßen und seine Strümpfe auch in Lebensmittelgeschäften an die Frau zu bringen. Ihre Rechnung war einfach: Jede Frau kauft im Durchschnitt neunmal öfter in einem Lebensmittelgeschäft ein als im Fachgeschäft. Gleichzeitig setzten die Brüder Schulte die Preise immer mehr herab. Auch wenn die Konkurrenz mit den Zähnen knirschte, sie mußte folgen. S. & D. selbst ging von 4,50 auf 2,90 Mark und schließlich auf 1,95 Mark hinunter. Mancher Konkurrenzunternehmer blieb bei diesem harten Kampf auf der Strecke.
Der Marktanteil des Unternehmens stieg ständig und unaufhaltsam. Allein mit ihren Markenstrümpfen, die unter den Namen „Nur die“, „C + D Exquisit“ und „Winston“ vertrieben werden, bestreiten sie heute 25 Prozent des Strumpfmarktes. Zusammen mit Strümpfen, die unter anderen Bezeichnungen für Großabnehmer hergestellt werden, haben sie inzwischen sogar einen Marktanteil von 50 Prozent.
„‚Nur die‘ hat uns hereingerissen“, sagten die Opal-Leute nach ihrer Pleite und fügten hinzu: „Die Konkurrenz hat eine verderbliche Preispolitik betrieben!“ Die Opal-Herren Margaritoff und Schäffer gehörten zu den Unternehmen, die bei dem harten Wettbewerb mit S. & D. auf der Strecke geblieben waren. Sie hinterließen nach dem Konkurs im Jahre 1962 einen Marktanteil von 12 Prozent, bekannte Markenartikel, wie Opal und Bel Ami, und einige Millionen Mark Schulden.
In dem Rennen um Marken und Werke blieb schließlich die für amerikanische Verhältnisse kleine Firma Chadbourn Gotham Sieger. Sie war schneller als der riesige Konzern Burling und schneller noch als die Deutschen. Sie kaufte die Opal-Werke für acht Millionen Mark auf. Mit elf Millionen Mark Investitionen sanierten sie das Unternehmen. Dabei zeigte sich, daß die Marke Opal trotz des Konkurses ihr Ansehen nicht verloren hatte. 1964 erzielte die amerikanische Tochtergesellschaft bereits einen Umsatz von 23 Millionen Mark, 31 Prozent mehr als 1962/63 Direktor Roboz, der auch nach dem Besitzerwechsel bei Opal bleiben will, erwartet für 1965 sogar einen Umsatz von 40 Millionen Mark.
Mit einem neuen faltenlosen Strumpf verspricht man sich bei Opal weiteren Erfolg, denn die Frauen fragen heute nicht nur nach Qualität, sondern auch nach Eleganz und gutem Sitz. Ein Strumpf, der nicht am Bein haftet und Falten bildet, macht die Frauen unsicher. So erklärt sich auch, daß der Versuch scheiterte, auf dem deutschen Markt Strümpfe ohne Strumpfhalter einzuführen.
Kaum hatte aber Opal wieder festen Boden unter den Füßen, kam der dehnbare Stretch-Strumpf in Mode. Um im Geschäft zu bleiben, hätten die Amerikaner viel investieren müssen. So gab es für Chadbourn nur zwei Möglichkeiten: „Entweder dazukaufen oder verkaufen“, so Roboz. Die Amerikaner entschlossen sich zum Verkauf. Fast entschuldigend meinte Roboz: „Dieser Entschluß ist durch die Errichtung einer neuen Fabrik in Amerika bedingt.“ Ein Aussteigen aus europäischen Beteiligungen wird aber auch dann relativ leicht fallen, wenn Verluste in Europa dem Unternehmen dazu verhelfen, die Gewinnsteuern in den Vereinigten Staaten niedrig zu halten.
Als nun jetzt die Brüder Schulte und die Familie Weißhuhn von „falschen Händen“ sprachen, mögen sie an andere Amerikaner gedacht haben, die an Opal interessiert sein könnten. Daß es wegen des gemeinsamen Aufkaufs von Opal dann einige Erregung gab, liegt an dem Konzentrations-Trauma, das in der Bundesrepublik vorhanden ist.
Für die Wettbewerbswächter im Berliner Kartellamt haben S. & D. und Hudson allerdings eine Beruhigungspille bereit. Sie wollen Opal-Strümpfe, die bisher 1,95 Mark kosteten, für 1,45 Mark auf den Markt bringen. Damit wird Opal künftig den gleichen Preis wie „Nur die“ haben. Im übrigen schütteln die Strumpfmarkt-Strategen den Kopf über die Konzentrations-Hysterie. Europa, so argumentieren sie, steuert auf den Gemeinsamen Markt hin, der ganz andere Dimensionen haben wird, als es die europäischen Gesellschaften bisher gewohnt waren.
Diesen Markt haben die jungen dynamischen Chefs von S. & D. und Hudson im Auge, wenn sie ihre Produktion ausweiten und neue Firmen aufkaufen. Man kann fast sicher sein, daß Opal nicht die letzte Neuerwerbung war. Auch für den Strumpfmarkt gilt das alte Gesetz: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Und diesmal haben die Deutschen die Chance, die ersten zu sein, denn heute ist Europas Strumpfmarkt noch hoffnungslos zersplittert.
In Italien produzieren 1800 bis 2000 Unternehmer jährlich rund 200 Millionen Paar Strümpfe; und in Frankreich teilen sich 60 Firmen in die Produktion von 250 Millionen Paaren. Darunter sind Kleinstbetriebe mit nur zehn Mann. S. & D. allein stoßen jährlich 300 Millionen Paare aus.
Die Strategie von Schulte & Dieckhoff wird an einer Zahl deutlich: Ihr Marktanteil in Frankreich beträgt bereits 8 Prozent. Und das, obwohl die Strümpfe auch in Frankreichs bureaux de tabac, in den Bistrots und Lebensmittelläden mit dem treudeutschen Namen „Nur die“ angeboten werden. Im letzten Jahr kauften Frankreichs Frauen rund 15 Millionen Paar Strümpfe von S. & D. und gaben dafür 21 Millionen Francs aus. In diesem Jahr soll der Absatz mehr als verdoppelt werden.
Die erste Bresche zum Europamarkt ist schon geschlagen.
Georges-Louis Puech
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#3
Hier ein Beitrag aus "Spektrum der Wissenschaft" vom April 2012, gefunden im Internet und dort auch mit Bild einsehbar. Es geht um eine Strumpf-Repassiermaschine:

Als Nylonstrümpfe noch teuer waren, reparierte die SUMA 55
Laufmaschen (rechts: Auszug aus der Bedienungsanleitung).

Welche Frau kennt das nicht? Da zieht man zu hastig die
Nylon-Strumpfhose an oder streift zu nah an einer Kante
entlang und hat schon eine Laufmasche. Genauer gesagt: Einer
der Fäden wurde durchtrennt, aus denen das Kleidungsstück
gestrickt ist; dieser Schaden pflanzt sich dann in einer
Kettenreaktion fort. Heutzutage landen die unansehnlich gewordenen
Objekte im Müll, noch vor wenigen Jahrzehnten
aber war ein Paar Nylonstrümpfe ein Luxusgut. Anfang der
1950er Jahre kosteten sie durchschnittlich sechs Deutsche
Mark – dafür musste ein Handwerker damals gut vier Stunden
arbeiten. Sie wegwerfen kam also nicht in Frage. Der
Schaden wurde stattdessen mit einer Laufmaschen-Hebemaschine
behoben, auch Repassiermaschine genannt (abgeleitet
vom französischen »repasser« bedeutet repassieren
so viel wie »Laufmaschen aufnehmen«). Die Reparatur erledigten
Nähstuben und spezialisierte Werkstätten für wenige
Pfennige.
Eine solche Maschine machte sich die Schlaufeneigenschaften
der Wirkware zu Nutze, denn jede Masche ist in die
jeweils vorherige eingehängt. Wenn eine davon reißt, verliert
zwar die darunterliegende Masche den Zusammenhalt und
das Unglück nimmt seinen Lauf, es lassen sich aber auch
neue Maschen in die noch bestehenden Querfäden einhängen.
Dazu stülpte eine Repassiererin den Strumpf zunächst
über ein becherförmiges Metallstück. Dann setzte sie eine
spezielle Nadel an einer noch intakten Masche entlang der
aufgetrennten Spur an. Es handelte sich dabei um eine Zungennadel,
wie sie in Strickmaschinen zur Fadenführung eingesetzt
wird. Über einen kleinen, dünnen Schlauch wurde sie
angeblasen und damit in Bewegung gesetzt. Wie eine Häkelnadel
ließ sich auf diese Weise ein Faden durch die Masche
führen und auf der anderen Seite wieder aufnehmen.
10 bis 15 Minuten benötigte eine erfahrene Repassiererin
pro Strumpf, sofern nicht bereits zu viele Maschen gezogen
waren. Anschließend vernähte sie das Ende der Laufmasche
per Hand, was je nach Größe der Laufmasche und Material
des Strumpfs durchaus sichtbar blieb. Die hier abgebildete
Strumpf-Reparatur-Maschine SUMA 55 der Firma Susemihl
von 1958 wurde mit einem Fußpedal bedient. Zusammen
mit Zubehör wie Strumpfgarn und Nadeln fand sie in einem
Köfferchen Platz. Die so ausgerüstete Repassiererin war daher
mobil und konnte ihre Dienste vielerorts anbieten.
In der DDR war die Reparatur von Nylonstrümpfen und
Strumpfhosen bis zur Wende gang und gäbe. Aber auch heute
noch bieten Fachbetriebe in Deutschland und Österreich
diesen Service an, um besonders hochwertige Kleidungsstücke
zu retten.
Die promovierte Biologin Margherita Lasi absolvierte ein zweijähriges
Volontariat am Deutschen Museum. Seit 2011 ist sie Kuratorin für Life
Sciences.
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#4
Danke, Hansi! Hier eine kleine Fortsetzung:

In den USA warfen wohlhabende Frauen ihre Nylons bei einem Schaden auch schon während des 2. Weltkriegs weg, auch wenn sie damals noch selten und sehr teuer waren. Vgl. folgendes Zeugnis:

„Meine Interviewpartnerin Edith Rothschild arbeitete als Hausmädchen in einer jüdischen Familie, die Hühnerbrühe kochte und das Huhn wegwarf – eine unfassbare Verschwendung in ihren Augen. Beim Leeren der Mülleimer fand sie Nylonstrümpfe mit nur einer Laufmasche und fischte sie heraus. Doch bald nahm auch sie dieses Merkmal der Konsumgesellschaft an, warf Strümpfe weg und kaufte neue, anstatt alte zu stopfen, und wurde daher von Verwandten in England, die sie kurz nach dem Krieg besuchte, als „real American“ bezeichnet.“ (Geneviève Susemihl, „ … and it became my home.“ Die Assimilation und Integration der deutsch-jüdischen Hitlerflüchtlinge in New York und Toronto [Münster 2004], S. 149 m. Anm. 181).

Das ist auch insofern erstaunlich, da ja Nylons von der Armee gesammelt wurden. Man benötigte sie ja zur Herstellung von Pulversäckchen usw., ich habe das irgendwo schon mal mit Bildern untergebracht hier im Forum.
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#5
Hier etwas ganz neues aus Wien:

DONNERSTAG, 14. FEBRUAR 2013
HÖRSACHE NR. 13: Nylonstrümpfe



© Wien Museum


Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
Am 11. Februar 2013 begab sich die Sendung in das Jahr 1952, widmete sich einem Paar Nylonstrümpfe und ging der Frage nach, wieso diese in der damaligen Zeit über ihre praktische Bedeutung als Kleidungsstücke hinaus auch stark symbolisch aufgeladen waren (Interview mit Susanne Breuss).

Die Geschichte von Nylon beginnt bereits vor dem Zweiten Weltkrieg: 1937 meldete der US-amerikanische Chemiekonzern Du Pont die Kunstfaser Nylon zum Patent an und präsentierte sie zwei Jahre später stolz auf der Weltausstellung in New York: Es war die erste vollsynthetische Textilfaser. Zur gleichen Zeit wurde im nationalsozialistischen Deutschland das nahezu identische Perlon entwickelt und produziert. In beiden Ländern nutzte man die neu entwickelten Fasern zwar schon bald auch für die Herstellung von Damenstrümpfen, zunächst kam ihnen allerdings vor allem eine kriegsrelevante Rolle zu. In beiden Ländern wurden die Fasern für militärische Zwecke genutzt. Für Deutschland war Perlon zudem im Rahmen seiner Autarkiepolitik relevant - und für die Herstellung von Männerfußbekleidung, nämlich strapazierfähiger Socken für die Wehrmachtssoldaten. Auch das Kriegsende ist eng mit diesen Fasern verknüpft: Mit Nylon-Fallschirmen landeten die Alliierten in Westeuropa.

Aus Fallschirmseide wurden dann nach dem Krieg in Ermangelung anderer Stoffe häufig Kleidungsstücke genäht und der von der Firma Palmers bereits 1942 entwickelte "Strumpfzauber" war noch immer als Ersatzmittel im Einsatz: "Auch ohne Strümpfe schöne Beine" lautete der Slogan für das hautfärbende Schminkprodukt, das den Anschein bestrumpfter Damenbeine erwecken sollte, mit einer "Naht" aus Augenbrauenstift. Echte Nylonstrümpfe gab es zwar ebenfalls wieder, doch in Österreich und Deutschland waren sie noch purer Luxus und entsprechend heiß begehrt. Sie kamen mit den amerikanischen GI's in die westlichen Besatzungszonen und galten wie andere damals geradezu mythisch überhöhte Konsumgüter wie Coca Cola oder Blue Jeans als Symbole für den amerikanischen Lifestyle. Sie dienten auf dem Schwarzmarkt als Zahlungsmittel und sie galten im Hinblick auf Beziehungen zwischen amerikanischen Soldaten und einheimischen Frauen vielen als Symbol für käufliche Liebe.

Jedenfalls aber waren Frauenbeine in Nylonstrümpfen (Perlon durfte erst später wieder produziert werden) ein Zeichen für den Aufbruch in ein neues Leben und bedeuteten ein Gegenprogramm zuden Jahre lang herrschenden Bildern von der gebärfreudigen "Deutschen Mutter" und deraufopfernden "Trümmerfrau". Diese Form der (Re-)Sexualisierung kam allerdings nicht bei allengut an, so manches Werbeplakat für die Strümpfe aus der modernen Wunderfaser galt als unsittlich und unzüchtig, und Beschimpfungen wie "Amiflittchen" waren keine Seltenheit.
Erst als sich ab den späten 1940er Jahren eine Normalisierung der Versorgungslage abzeichnete und ab den 1950er Jahren Kleidungsstücke allmählich wieder in ausreichender Menge produziert wurden, konnten sich die Nylon- und später auch die Perlonstrümpfe nach und nach zuralltäglichen Beinbekleidung entwickeln. Die 1950er Jahre waren wie auch noch die 1960er Jahre durch sehr hohe Steigerungsraten in Produktion und Konsum von Nylon und Perlongekennzeichnet - wobei die Strümpfe bald zahlreiche Brüder und Schwestern in Form von Hemden, Blusen, Unterwäsche etc. erhielten.

Trotz ihrer schweißtreibenden Wirkung standen Kleidungsstücke aus Synthetics ganz oben in der Beliebtheitsskala, denn sie waren leicht zu pflegen, reiß- und scheuerfest, hatten eine gute Paßform und ein geringes Gewicht (was sie gerade auch im Zusammenhang mit der aufkommenden Reise- und Ausflugswelle zu beliebten Begleitern machte). Chemiefasern haftete damals noch nicht jener negative Beigeschmack an, der sich ab den späten 1960ern bemerkbar machen sollte, sie standen noch für eine komfortable, unbeschwerte Lebensweise und einen modernen, fortschrittlichen Lebensstil. Den Nylon- und Perlonstrümpfen fehlte allerdings eine Eigenschaft, die ihnen anfangs noch nachgesagt wurde: Sie waren nicht laufmaschenfrei - doch zur Behebung dieser häufigen Malheure gab es angesichts der noch immer hohen Preise der Strümpfe eigene Reparatureinrichtugnen, die Repassierwerkstätten.
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#6
Wahrscheinlich kam es ganz normal in den Müll. Aber im Ofen muss so ein Hemd doch auf interessante Weise geschmolzen sein Face-with-tears-of-joy Face-with-tears-of-joy ?
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#7
Hier etwas aus der "Berliner Zeitung" vom Januar 1998:

30.01.1998
VOR SECHZIG JAHREN WURDE DER KUNSTSTOFF ERFUNDEN, DER DIE UMHÜLLUNG DES DAMENBEINS REVOLUTIONIERTE
Hauchdünn, luxuriös, erotisch: Perlon
Von Sabine am Orde

Sechs wohlgeformte Frauenbeine stehen im Regal, akkurat aufgereiht, schwarz und hautfarben bestrumpft, durchsichtig und blickdicht, gemustert und bunt. Zufrieden sieht Dorit Schmidt auf ihre Dekoration. "Meine ersten Strümpfe waren noch aus Kunstseide", sagt die 58jährige. Die ersten Perlonstrümpfe hat sie sich in der Lehrzeit gekauft, Mitte der Fünfziger. Seitdem hat Dorit Schmidt "in Strümpfen gearbeitet", erst als Verkäuferin in der Friedrichstraße, seit der Wende betreibt sie ein kleines Geschäft am S-Bahnhof Pankow. "Als das Perlon kam, das war schon revolutionär", sagt sie. "Die Strümpfe waren plötzlich viel durchsichtiger." Eine Revolution in Sachen Damenwäsche hatte Paul Schlack sicher nicht im Sinn, als er für die IG Farben in seinem Labor in Berlin-Lichtenberg nach neuen Kunststoffen forschte. Vor 60 Jahren, am 29. Januar 1938, synthetisierte der Chemiker aus Phenol, einem Bestandteil des Steinkohlenteers, einen neuen Stoff: das Perlon. Doch auch in den USA wurde erfolgreich experimentiert. Nylon nannte die Firma DuPont ihr neues Produkt, das dem Perlon sehr ähnlich war. Weil sich die Konzernchefs nicht gegenseitig behindern, sondern ihre Wunder möglichst schnell vermarkten wollten, tauschten sie ihre Patente aus und teilten sich die Absatzmärkte. DuPont nahm bereits 1939 die erste Nylon-Spinnanlage in Betrieb, bald wurden die ersten Nylons verkauft ­ für 250 Dollar. Dennoch waren die feinen Strümpfe schnell vergriffen. Auch in Deutschland wurden probeweise Perlonstrümpfe produziert. Doch bevor die Frauen auf den Geschmack kommen konnten, wanderte der Kunststoff vom Damenbein in die Rüstungsindustrie. Im Zweiten Weltkrieg wurde Perlon für Fallschirme und Flugzeugreifen, Pistolengriffe und Moskitonetze eingesetzt. Bei Kriegsende wurden die IG Farben liquidiert, Patente verfielen. Die ersten Nylons steckten in Care-Paketen und bei amerikanischen GIs, waren auf dem Schwarzmarkt teuer und auf Bezugsschein selten zu erstehen. Rasch wurden die raren Dinger zum Mythos. Erst das bestrumpfte Bein galt als schön und machte die Frauen verführerisch, drückte die neu erwachte Lust am Leben aus. Da setzte manche nicht nur die Ellenbogen ein, um Strümpfe zu ergattern. Wer leer ausging, färbte sich die Beine mit Kaffeesatz und trug mit dem Augenbrauenstift eine "Strumpfnaht" auf. 1950 wurden dann in Deutschland die ersten Perlonstrümpfe produziert. Im Westen kamen sie aus Bayern, im Osten aus Sachsen, dem ehemaligen Zentrum der deutschen Strumpfindustrie. Sie wurden noch auf Flachstrickmaschinen hergestellt, also in Form gearbeitet und dann hinten zusammengenäht. Da hatte man dann die Naht und eine Zierferse dran. Die Strümpfe waren längst nicht so elastisch, daß sie sich jeder Beinform anpaßten. Deshalb veranstaltete die Firma Arwa, die nach dem Krieg aus dem Erzgebirge nach Oberbayern gezogen war, ab 1951 sogenannte Beinwettbewerbe, die angeblich die schönsten deutschen Frauenbeine ermitteln sollten. Der praktische "Nebeneffekt": Tausende von Frauenbeinen wurden vermessen, Durchschnittsbeine errechnet, Größen festgelegt. Die "deutsche Beinkönigin" von 1951 hatte einen Fesselumfang von 21,2 und einen Wadenumfang von 33,5 Zentimetern. "Wo Männer schönen Beinen nachschauen", hieß es in der West-Werbung, "ist es oft der Strumpf, der die faszinierende Wirkung auslöst." Angeblich war die Wirkung einer Frau zu einem Drittel von ihren bestrumpften Beinen abhängig. Wer "plodernde Nahtstrümpfe" trug, galt als schlampig. Auch Laufmaschen zerstörten im Nu den Eindruck, für den Notfall hatten viele Frauen Nagellack oder Uhu dabei. Fast überall gab es Laufmaschendienste, die für ein paar Pfennig Strümpfe reparierten. Heute ist Helga Duwe eine der wenigen Berlinerinnen, die ihr Geld mit "Repassieren" verdient. In ihrer Werkstatt in Berlin-Mahlsdorf liegen Lupen, die am Kopf befestigt werden, hauchdünne Fäden und Nadeln mit Widerhaken dran, die durch Druckluft vibrieren. Mit 18 Jahren hat sie ihr Handwerk gelernt, damals war es die Notlösung einer Schwangeren. Über die Jahre nahm sie Kunststopferei und Änderungsschneiderei in ihr Angebot auf, das Geschäft lief gut. "Strümpfe und Strumpfhosen waren teuer, 9,50 Mark kostete die billigste. Mit Ferse und Zwickel 14 Mark", sagt Frau Duwe. Mit der Wende kam "der totale Bruch. Unsere Frauen haben gedacht, mit Billigstrumpfhosen zum Wegschmeißen können sie sich ihre Träume erfüllen." Heute ist sie 56. Inzwischen läuft das Geschäft zunehmend. Der Perlonstrumpf hat seit seiner Erfindung eine vielseitige Entwicklung genommen. Mitte der fünfziger Jahre verschwand die ewig schiefsitzende Strumpfnaht ­ mit den rundstrickenden Zylindermaschinen kamen die nahtlosen Strümpfe. Viele Fabrikanten verschliefen den Trend. Sie glaubten, der nahtlose Strumpf sei nur für schlanke, gutgeformte Beine geeignet, allen anderen verleihe erst die Naht "eine gewisse Form und vor allem: Sex-Appeal". Von den Männern sogleich als Liebestöter verschrieen wurde die Stumpfhose, 1958 in Frankreich erfunden, zwei Jahre später in Deutschland auf dem Markt. Von der Eleganz der Strümpfe war sie tatsächlich noch weit entfernt: Die ersten Modelle waren aus dickem Kräuselkrepp. Die Strumpfhose setzte sich erst Anfang der siebziger Jahre durch, als die Rocksäume nach oben rutschten. Nur mit ihr konnte der Minirock seinen ersten Frost überstehen. Aber der Strumpf läßt sich nicht verdrängen. Vor allem ältere Damen kaufen welche, gibt Dorit Schmidt Auskunft, aber auch bei jungen Frauen nimmt die Nachfrage zu. Die kaufen dann halterlose, "oder die jungen Männer tun es".
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#8
Aus der Saarbrücker Zeitung vom März 2012. Es ist aber schlicht unzutreffend, dass Strümpfe heute vorwiegend aus Elasthan bestehen. Zwei Drittel bis drei Viertel sind auf jeden Fall Polyamid (Nylon), bei manchen Marken auch deutlich mehr:

Saarbrücken
Die Nylons feiern Jubiläum
Von Evelyn Schneider und Sophia Schülke (beide SZ)

Vor 75 Jahren hat ein Amerikaner den Kunststoff Nylon erfunden – Seitdem hat sich am Frauenbein viel getan. (Veröffentlicht am 07.03.2012)


Saarbrücken. Feine Damenstrümpfe machen Frauenbeine erotischer. Zu verdanken hat die Welt die synthetische Beinfaser einem Amerikaner. Mitte der 1930er Jahre entdeckte Wallace Hume Carothers das Nylon, eine vollsynthetische Faser aus Polyamid 6.6, die der Chemie-Konzern Du Pont vor 75 Jahren, am 16. Februar 1937, zum Patent anmeldete. Nylon war die erste Faser, die vollständig synthetisch hergestellt wurde. Fein und reißfest, damit konnten Frauen der teuren Kunstseide Adieu sagen. 1938 zog der deutsche Chemiker Paul Schlack nach und entwickelte für IG Farben aus Polyamid 6 das Perlon. Aber weder Amerikaner noch Deutsche konnten die Fasern nach dem Zweiten Weltkrieg ausreichend produzieren. Und so musste sie manche Dame für ein Monatsgehalt auf dem Schwarzmarkt kaufen oder mit Tinkturen wie „Strumpf-Zauber“ die Naht auf das Bein malen. Nylon wurde bald vom Produkt zum Synonym für feinen Damenstrumpf.

Heute aber steckt nur noch wenig Nylon im Strumpf: Der Hauptteil ist aus nachgebendem Elasthan. Die feinen Strumpfwaren sind längst leicht aufzutreibende Massenware geworden. Und ein unverzichtbares Accessoire: „Halterlose Strümpfe muss man als Frau einfach haben und tragen. Ich glaube, jeder Mann steht noch darauf“, sagt Inge Hartung, Filialleiterin des Saarbrücker Hunkemöller-Geschäfts. Nach der Erfahrung von Christa Lorenz, Verkäuferin in der Strumpfwarenabteilung vom Saarbrücker Kaufhof, hat sich die Zielgruppe der halterlosen Strümpfe verändert: „Als die Halterlosen Anfang der 70er Jahre aufkamen, hatten sie die Spitze am Oberteil noch nicht und wurden eher von älteren Frauen gekauft.“ Heute seien sie bei Jüngeren gefragter, auch weil sie die Halterlosen bequemer als Strumpfhosen fänden. Aber damit die zwei Reihen Silikon unter der Spitze ihren Dienst tun können, sollte Frau die Beine nicht eincremen: „Sonst rutschen die Strümpfe auf der glatten Haut“, sagt Lorenz. Weder Strümpfe noch Leggings aber haben ihrer Meinung nach der Strumpfhose den Rang abgelaufen, obwohl besonders Leggings bei jungen Frauen im Kommen seien.

Die Farbwahl fällt klassisch aus, auch wenn in der Strumpfwarenabteilung während des Karnevals öfter rot nachgefragt wurde: „Hautfarben und schwarz sind bei Strumpfhosen am meisten gefragt. Bei uns sind die Frauen nicht so modisch, dass sie die bunten tragen“, sagt Lorenz.

Wie die Farben ist auch das Material Geschmackssache: Während Christa Lorenz findet, dass sich Elasthan-Strümpfe schöner ums Bein legen, schwört Karin Clarenbach auf echte Nylonstrümpfe aus 100 Prozent Nylon, samt Sohle mit Naht und Rand. „Echte Nylons haben eine Naht von der Herstellung und glänzen weniger. Unangezogen schimmern sie grau, angezogen sehen sie pudrig aus“, erklärt Clarenbach, Inhaberin von Karins Dessous-Boutique, und schwärmt, „solche Strümpfe trägt man nur für sich“. Denn echte Nylons gäben der Frau ein erotisches Gefühl. In Haltbarkeit und Preis entsprächen sie den modernen Elasthan-Strümpfen. Bis vor einigen Jahren führte Clarenbach die echten Nylons in ihrem Laden, doch sie sind vielen Kundinnen zu unbequem. Weil ein echter Nylonstrumpf ohne Pumps am Knöchel Falten schlägt und den Strapsgürtel leicht nach unten zieht, bis dieser unter einem Minirock sichtbar wird. Die Tatsache, dass an vielen Frauenbeinen Elasthan glänzt und kein echtes Nylon prangt, bedauert die 57-Jährige: „Da geht ein Stück Kulturgut verloren, früher zelebrierte man das Strumpfanziehen.“

Damenstrümpfe spiegeln auch Wandel und Tradition wider: So wie Nylon und Perlon die teure Seide abgelöst haben, wurden sie von Elasthan verdrängt; der Laufmaschenstopp hat das Maschenheben überflüssig gemacht, das früher Schaufensterbetriebe als Alltagsreparatur anboten. Strumpfhalter sind dank Silikon kein Muss mehr und Tigerfelloptik oder modellierendes Bauchteil peppen heute die Figur auf. Geblieben ist Denier, die Maßeinheit auf den Verpackungen. Denier gibt das Gewicht des verarbeiteten Garns auf 9000 Meter Länge an. Bei einem 20?den Strumpf wiegen 9000 Meter des Garns also 20 Gramm. „20 Denier ist die normale Stärke, ab 40 sind sie blickdicht, eine Winterstrumpfhose hat 50 bis 60 den“, erklärt Lorenz aus dem Kaufhof.


Hintergrund

Wallace H. Carothers erfand mit Nylon die erste vollständig synthetisch hergestellte Faser aus Kohlenstoff, Wasser und Luft. Am 16. Februar 1937 meldete der amerikanische Konzern Du Pont Nylon zum Patent an. 1938 kamen die ersten Nylon-Produkte auf den Markt. Der Nylonstrumpf selbst wurde 1939 erstmals auf der New Yorker Weltausstellung präsentiert, am 15. Mai 1940 gingen die ersten Nylonstrümpfe über amerikanische Ladentische. Und das mit unglaublichem Erfolg: Innerhalb weniger Stunden wurden vier Millionen Paar verkauft. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die heiß begehrten Nylonstrümpfe schließlich auch in Deutschland zu haben. Das deutsche Pendant von 1938 hieß Perlon, 1959 patentierte die DDR ihrerseits die Kunstfaser Dederon. evy/sop

Tipps für Alltag und Pflege feiner Strümpfe
Saarbrücken. Für viele Frauen gehört die Strumpfhose einfach zu einem gepflegten Erscheinungsbild dazu. Damit sie lange Freude an der sexy Faser haben, hier ein paar Tipps für den Alltag.
Masche: Strumpfhosen mit Laufmaschenstopp geben ein Gefühl von Sicherheit, aber bei wichtigen Festlichkeiten kann man immer eine Ersatzstrumpfhose bei sich haben. Wer lästige „Unfälle“ bereits beim Anziehen ausschließen möchte, kann auf feine seidige Handschuhe zurückgreifen. Teilweise gibt es im Handel sogar spezielle Handschuhe zum Anziehen von feinen Strumpfhosen.

Größe: Bei der klassischen Strumpfhose orientiert sich die Größe nach der Konfektionsgröße. Allerdings gilt: lieber zu einer Nummer größer greifen. Wer sich für halterlose Strümpfe entscheidet, für den ist die Schuhgröße entscheidend.
Pflege: Die Strümpfe lassen sich schnell am Waschbecken auswaschen. Da die Kunstfasern schnell trocknen, ist das gar kein Problem. Wem das zu mühsam ist, kann die Strumpfhosen in einem Wäschesäckchen verstaut auch in die Waschmaschine stecken. Auch die halterlosen Strümpfe sollten komplett gereinigt werden – auch das Silikon, da die Strümpfe sonst nicht mehr richtig halten.

Netzstrümpfe: Um sie ordentlich zur Geltung zu bringen, sollte man die Strümpfe nicht auf die nackte Haut ziehen, sondern über eine hautfarbene feine Strumpfhose.

Haushalt: Hat eine Nylon-Strumpfhose doch mal Löcher, muss sie nicht gleich in den Müll, denn sie kann ein praktischer Helfer im Haushalt sein. Etwa beim Staubwischen: Durch die antistatische Wirkung bleibt der Staub an der Kunstfaser haften. Oder beim Staubsaugen: Damit Kleinteile nicht eingesaugt werden, die Strumpfhose über das Saugrohr stülpen. evy/sop

Und hier der Link dazu:

http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufma...,4208620,0
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#9
Hier ein Bericht aus der Kölnischen Rundschau von 2008:

Fesche Strümpfe aus dem Bombenofen

Erstellt 29.01.2008
Nach Ende des Krieges brachten die Amerikaner Nylon im Zuge des Marshall-Plans nach Deutschland und regten so auch die Produktion von Perlon wieder an. Von DIERK STROTHMANN

An schöne Beine dachte Dr. Paul Schlack wohl erst mal nicht, als er in den Ofen griff. Etwas anderes ließ sein Herz höher schlagen, und das beschrieb er in etwas hüftsteifen Worten: „So haben wir denn, mein Laborant und ich, reines Caprolactam (gewonnen aus dem Phenol des Steinkohlenteers) mit 1 / 150 Mol Aminocapronsäurehydrochlorid und einer Spur Wasser in ein Glasrohr eingeschmolzen und dieses in der Nacht vom 28. auf den 29. Januar 1938 in einem Bombenofen auf 240 Grad erhitzt. Es war ein voller Erfolg. Als wir am Morgen das Rohr öffneten, konnten wir ein hochelastisches Formstück Polyamid 6 entnehmen.“

Der Mann hatte vor 70 Jahren das Perlon erfunden. Der 1897 in Stuttgart geborene Chemiker war Leiter der Forschungsabteilung der zur I.G. Farben gehörenden Aceta GmbH in Berlin und bastelte schon lange an einer deutschen Antwort auf das amerikanische Nylon. Das hatte vier Jahre zuvor seinen Siegeszug angetreten und richtig Furore gemacht - es erlaubte nämlich die Herstellung des idealen Damenstrumpfes: elastisch, reißfest, hauchzart das Bein umschmeichelnd, leicht zu waschen und scheuerresistent. Am Erstverkaufstag herrschte Hysterie mit kreischenden Frauen, die die Läden stürmten, notierten Beobachter.

Strumpf taugte als Abschleppseil

Paul Schlacks Kunstfaser war dem Nylon durchaus gleichwertig, aber sie wurde in Deutschland relativ schnell zum „kriegswichtigen Stoff“ erklärt - aus der Erfindung wurden Fallschirme und Flugzeugreifen hergestellt. Als einzige Frauen profitierten die Gattinnen der deutschen I.G.Farben-Manager von Schlacks Erfindung. Sie bekamen 1943 ein paar Strümpfe als Weihnachtsgeschenk.

Nach Ende des Krieges brachten die Amerikaner Nylon im Zuge des Marshall-Plans nach Deutschland und regten so auch die Produktion von Perlon wieder an. In der DDR entwickelte man den „Faden vollendeter Verlässlichkeit“, Dederon genannt, hergestellt unter anderem im VEB Chemiefaserkombinat „Wilhelm Pieck“ in Rudolstadt.

Paul Schlack wurde Direktor der Kunstseidenfabrik der Ex-I.G.Farben und schließlich Leiter der Faserforschung bei Hoechst in Frankfurt, einem der drei großen Pharma- und Chemieunternehmen. Von 1961 bis 1968 war er Honorarprofessor für Textilchemie und vermachte nach seinem Tod im Alter von fast 90 Jahren, am 19. August 1987, seinen Nachlass der Stuttgarter Hochschule mit hochinteressantem Material: Vorlesungsmanuskripte, Korrespondenz, Urkunden, Fotos, Laborunterlagen, Formeln und Patentanmeldungen dokumentieren praktisch die gesamte historische Entwicklung der Chemiefaserforschung in Deutschland, an der er ja maßgebend teilgenommen hatte. Groß raus kam Perlon in den 50ern, als in Deutschland die Großproduktion angelaufen war. Nun gab s auch Herrensocken. Und Werbefotos zeigten Perlonstrümpfe zwischen zwei Autos - als Abschleppseil-Ersatz. Inzwischen wird Perlon nach der Erfindung anderer noch vielseitigeren Chemiefasern kaum noch verwendet. Eigentlich findet man es nur noch als Grundstoff für Angelschnüre. . .


Und hier der Link dazu:

http://www.rundschau-online.de/magazin/f...04046.html
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#10
Hier ein sehr interessantes Video über Herstellung und Testverfahren heutiger Nylons:

http://video.de.msn.com/watch/video/der-...f/knvnbovv
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